10. (8. ausserordent.) Versammlung des VI. Vereinsjahres.
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an das bekannte Bild von Engelbacli gehalten habe. Encke fertigte deshalb einen neuen Entwurf an, der gut geheissen wurde.
Die Anfertigung des Modells zog sich etwas lange hin, sodass die Turner ungeduldig wurden. Auch war man mit der Aufbewahrung der Steine in Verlegenheit. Und alles lag auf den Schultern des Dr. Angerstein, der damals schwere Zeiten durchmachte. Endlich konnte er zum 21. Oktober 1868 die Mitglieder des Ausschusses zur „Besichtigung des Modells des Jahndenkmals Jägerstrasse 27 im Atelier des Herrn Encke“ einladen! Einstimmig wurde die Ausführung in der Form des Modells genehmigt. Der Eindruck auf die Beschauenden war ein gewaltiger. In einem Aufsatz in der deutschen Turnzeitung versuchte ich den Eindruck zu schildern, den ich von dieser grossartigen Manneserscheinung empfing: „Eine herrliche, kraftvolle Männergestalt, das gewaltige Haupt auf dem nicht minder gewaltigen Körper ruhend, die fest geballte rechte Faust auf einen Eichstamm gestützt, vorwärts schreitend wie ein rechter Bahnbrecher, die kraftvollen Glieder vom deutschen Rock umschlossen, das echte Bild eines durch harte Arbeit gekräftigten Mannes.“
Noch aber fehlten 9000 Mark zur Bestreitung der Kosten des Denkmals. Wieder wandte man sich in einem Aufruf vom 26. September 1869 an die Turner. Das Modell aber wanderte nun in die Münzstrasse zu Meister Gladenbecks Giesserei! — Das Jahr 1870 war gekommen und noch war die Summe nicht zusammen. Ein Gesuch an den Magistrat, das noch fehlende Geld aus der Stadtkasse zu bewilligen, wurde abschlägig beschieden. Da legte sich der Stadtverordneten-Vorsteher Kochhann ins Mittel. Er wandte sich persönlich an seine Kollegen und an zwei der bedeutendsten Geldmänner Berlins und bald war alles in Ordnung. Bereits im Mai 1870 stieg das Erzbild, im Guss vollkommen gelungen, aus der Dammgrube hervor.
Die Enthüllung des Denkmals zog sich aber bis zum Jahre 1872 hin. Am 21. Mai ging die Genehmigung des Kaisers zu seiner Aufstellung ein. Es bildete sich nun das Zentral-Fest-Komitee, im ganzen 50 Personen. Aus ihm gingen die einzelnen Kommissionen hervor. Die Enthüllungsfeier wurde auf den 10. und 11. August festgesetzt; der Kaiser, der Kronprinz, Prinz Karl und Prinz Friedrich Karl wurden eingeladen, sagten aber mit freundlichen Worten des Bedauerns ab. „Seine Kaiserliche und Kgl. Hoheit,“ lautete es in dem Antwortschreiben des Kronprinzen, „würde mit Vergnügen diesen Anlass benutzen, um Höchstihrer Teilnahme für das Turnwesen einen erneuten Ausdruck zu geben, und bedauern deshalb aufrichtig, dass anderweite Dispositionen, deren Aenderung leider nicht thunlich ist, ein persönliches Erscheinen verhindern.“ +~
Am 11. Juni wandte sich der Denkmal-Ausschuss an den Magistrat der Stadt Berlin mit der Bitte um Zuschuss zu den Kosten der Ent-