Heft 
(1897) 6
Seite
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Otto Pniower, Bartholomäus Krüger.

nen werden. Bolte vermutet wohl mit Recht, dass die eine der Bittschriften den Stadtschreiber Bartholomäus Krüger selbst zum Verfasser hat. Wenn unser Dichter dann in einem seiner Werke zweimal (Spiel von den bäurischen Richtern v. 678 und v. 1989) von der teuren Zeit spricht, so ist das gewiss aus der Beobachtung seiner unmittelbaren Umgebung geschöpft und persönlich empfunden.

Das zweite Moment, das uns zu schliessen nötigt, dass auch Bartholomäus Krüger das bei den Poeten so häufige Loos traf, nicht mit irdischen Glücksgütern gesegnet zu sein, liegt darin, dass er seine beiden ersten, zu gleicher Zeit erschienenen Werke den Ratmannen ferner Städte widmete: das eine den von der löblichen freyen Bergstadt Joachimsthal in Böhmen, das andere den der Stadt Schneeberg in Sachsen. Indem er sie zu Paten seiner Schöpfungen machte, erbat er nach der Sitte der Zeit ihre Gunst, die er in den Vorreden ausdrücklich ansprach, gewiss in der Erwartung seine Belohnung sei es in barer Münze, sei es in Gestalt einer Anstellung oder Empfehlung an andere Communen zu erhalten.

Das ist alles, was wir von den äusseren Lebensumständen Krügers wissen. Ueber seine innere Entwickelung fehlt es uns gänzlich an unmittelbaren Nachrichten. Auch hier sind wir lediglich auf Schlüsse aus seinen Dichtungen angewiesen. Und da sehen wir, dass er keine eigentlich gelehrte Bildung besass. Das Lateinische beherrschte er nicht so, wie es für einen Gelehrten jener Zeit gewisserinassen Pflicht war. Denn die in dieser Sprache abgefassten Lobgedichte zu seinen beiden Dramen hat er nicht selbst verfasst, sondern sich von dem Schulrektor von Trebbin, Johannes Walther, anfertigen lassen. Und das Griechische scheint er garnicht verstanden zu haben. Giebt er doch in dem einen Drama einem Teufel, der den Tod personifiziert, den Namen Athanatus d. h. gerade Nicht-Tod.

Seiner Konfession nach war er ein strenger Lutheraner. Das lässt die Art, wie er in dem einen Drama den religiösen Stoff erfasst, unzweideutig erkennen.

Das wäre das, was wir über das äussere und innere Leben Krügers so auf den ersten Blick aus seinen Werken ersehen. Wollen wir mehr wissen, wollen wir in das innere Wesen des Mannes einzudringen suchen, so müssen wir in Dichters Lande gehn. Und es ist auch nicht zu be­fürchten, dass wir auf beherzte Fragen keine Antwort erhalten. Der wirkliche Dichter schreibt mit seinem Herzblut. Was Goethe von seinen Werken sagte, dass sie Konfessionen, Selbstbekenntnisse seien, das gilt in beschränktem Sinne von allen grösseren poetischen Produktionen. Sie sind Niederschläge oft der äusseren, immer aber der inneren Er­fahrung. Sie zeigen, wie sich der Dichter zu den grossen Fragen des Lebens oder seiner Zeit stellt, sie lassen seine Weltanschauung erkennen.