Heft 
(1897) 6
Seite
295
Einzelbild herunterladen

Otto Pniower, Bartholomäus Krüger.

295

in den Eigentümlichkeiten befangen, die mit den naiven scenischen Be­dingungen des damaligen Theaters verbunden sind. Nach heutigen Be­griffen stellt er zu kühne Voraussetzungen, erscheint seine Motivierung, so sehr er um sie bemüht ist, unzulänglich. Er trägt keine Bedenken bei einem ganz in seiner Zeit wurzelnden Stoff Satan in die Handlung eingreifen zu lassen. Wie bei dieser Figur wirkt bei einer anderen, der des Mordteuffels mittelalterliche Tradition nach. Wenn ich Ihnen Art und Wesen dieser Gestalt klar machen will, so vergleiche ich sie am besten mit dem Ihnen allen bekanntenBösen Geist, der in der " Domscene von Goethes Faust das arme Gretchen in Angst und Ohn­macht treibt. Goethe schuf ihn natürlich in bewusster Anlehnung an das Drama der Zeit, in der der historische Faust lebte. Wie der Böse Geist die innere Stimme Gretchens verkörpert, eine Perso­nifikation der Reue und Qual ist, von der ihre schuldbeladene Seele erfüllt ist, so personificiert derMordteuffel die schlechten Eigenschaften der Bauern, ihre sie ins Verderben stürzende Habgier. Aber natürlich ist der ursprüngliche Sinn der Figur nicht mit der Konsequenz fest­gehalten, die demBösen Geist im Faust eigen ist. Krüger weiss von ihr einen wirkungsvollen Gebrauch zu machen. Meist erscheint der Mordteufel mit einem Gefolge von Helfershelfern. Da wo er das erste Mal auftritt (v. 377 f.), huscht er gewissermassen nur über die Scene. Er spricht nur wenige, absichtlich etwas dunkel gehaltene Worte, die eine in der Handlung eingetretene Pause geschickt ausfüllen, zugleich aber gespenstisch und ahnungsvoll auf das Folgende vorbereiten.

Noch packender ist sein zweites Auftreten. Der Landsknecht ist im Wirtshaus verhaftet worden und die Bauern beraten über seine Be­strafung. Der geldgierige Vorsitzende des Gerichts, der Schulz Gürgen Taubennest, hat den Schöppen mitgeteilt, dass der Festgenommene im Besitz einer beträchtlichen Summe Geldes ist. Der Vorschlag des gut­mütigsten der Bauern, sein Vergehn mit einer Geldstrafe zu ahnden, wird als inopportun zurückgewiesen. Da rät der Rechtsbeistand der Bauern, der was für den lutherisch gesinnten, stark antipapistischen Dichter recht bezeichnend ist seines Zeichens ein Mönch ist, den Versammelten sich nicht lange mit der Festsetzung der Strafe abzu­quälen, sondern den Angeklagten kurz und gut hängen zu lassen. Ver­führerisch rechnet er den geldlüsternen Richtern vor, wie viel von dem Besitze des Verdammten jedem zufallen würde, wobei er dem Schulzen eine Extravergütung in Aussicht stellt, zuletzt aber auch eine Belohnung- für sich und seine Kunst nicht vergisst. In diesem Moment erscheint derMordteuffel, um (v. 679 f.) die Geldgier der Bauern von neuem zu stacheln. Seine Ermunterung giebt den Aussschlag. Das Schicksal des armen Landsknechtes ist besiegelt.

Noch einmal erscheint er in einem ähnlich entscheidenden Moment.