Heft 
(1897) 6
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Otto Pniower, Bartholomäus Krüger.

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dem Untergang der Welt selbst beendet sein wird. So macht er die Bühne zum Tempel. Wohl unbewusst weist er damit dem Schauspiel eine Aufgabe zu, die es in seinen ersten Anfängen in Deutschland hatte. Es ist bekannt, dass das Drama des Mittelalters aus den kirchlichen Gesängen, besonders den Ostergesängen erwuchs, die dramatische Formen annahmen, bis schliesslich Christi Auferstehung scenisch vorgeführt wurde.

Ob das Drama unseres Dichters selbst je aufgeführt wurde, wissen wir nicht. Für die Aufführung bestimmt und gedacht ist es jedenfalls. Ja es sind vom Dichter mit Hilfe, wie wir heute sagen würden, opern- hafter Mittel theatralische Effekte erstrebt. Von der Musik, besonders vom Chorgesang und Tanz, wird reichlich Gebrauch gemacht. Für die scenische Darstellung hatte Krüger die dreiteilige Mysterienbühne im Auge, die die Unterbrechung des Spieles durch Verwandlungen, die der häufige Wechsel der Scene erforderte, am wenigsten fühlbar machte. Vielleicht haben einige von Ihnen den Aufführungen des ganzen Goethischen Faust beigewohnt, die vor etwa 15 bis 16 Jahren in der Devrientschen Bearbeitung am ehemaligen Viktoria-Theater stattfanden. Devrient hatte, um den scenischen Apparat zu vereinfachen, die alte Mysterienbühne nachgeahmt. In dem untersten Teile spielten sich die in der Hölle lokalisierten Scenen ab, der mittlere war für die auf der Erde sich abrollenden Vorgänge bestimmt, im obersten Teil agierten die Darsteller der himmlischen Bewohner. So hat man sich auch die Inscenierung unseres Dramas zu denken. Welche Wirkungen ergaben sich allein aus dieser Bühneneinrichtung! Wenn z. B. der erstandene Christus, der eben noch unter den überraschten Jüngern weilte, sie verlässt,jedem insonderheit die liant. gibt und dann nach des himmels tron geht, da die engel mit posaunen und trommeten oder ander seitenspiel in empfangen sollen, so müssen bei diesem Anblick empfängliche Gemüter von ehr­furchtsvollen Schauern erfasst worden sein. Und noch zahlreiche andere ähnlich ergreifende Momente hatte das Schauspiel aufzuweisen.

So weiss man nicht, worüber man bei diesem Werke mehr erstaunen soll; ob darüber, wie der Stadtschreiber und Organist des kleinen Trebbin zu einer so tiefsinnigen Erfassung eines Zeitproblems kam, oder darüber, wie er zu dieser Beherrschung des Theatermässigen gelangte.

Wieder ein anderes Gepräge als dieses Drama trägt die dritte und letzte Schöpfung Krügers, die den Titel führt:Hans Clawerts werck- liche Historien. Hier, weilt der Dichter ganz auf irdischem Boden. Ja, er bleibt in der engsten Heimat und schweift nur gelegentlich über ihre Grenzen hinaus.

Hans dauert war ein Trebbiner Bürger, der um den Beginn des 16. Jahrhunderts geboren ward und 1566 an der Pest starb. Sein Bild ist uns überliefert und in den Mitteilungen des Berliner Geschichts-