Heft 
(1897) 6
Seite
336
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Karl Mttllenhoff, Über die ausgestorb. u. aussterb. Tiere d. Mark Braudenb.

Eiersammler die Nester ausnehmen, ein Verfahren, das dem Vandalismus botanicorum an die Seite gestellt werden kann. Gar manche schöne Pflanze ist ja durch die Sammelwut der Botaniker vermindert, wenn nicht ausgerottet worden.

Durch das Austrocknen der Binnengewässer sind die grosse und die kleine Rohrdommel, die Rohrammer und die Bartmeise selten ge­worden. Durch die Entsumpfung des Waldbodens zerstört man die Lebensbedingungen gar mancher Vögel, zumal der Waldschnepfen.

Fast in allen Wäldern unseres Landes wird jetzt durch den Menschen das Unterholz mehr und mehr entfernt; vielfach findet auf Anordnung der Forst Verwaltung in regelmässigem Turnus alle par Jahre ein Abtrieb des UnterliQlzes statt; in anderen Fällen bewirkt der übermässig grosse Wildstand von Rothirschen (Schorfheide) oder von Damhirschen (Grunewald), dass das Unterholz vollkommen verschwindet; dieselbe Wirkung erreichte man für grosse Teile des Berliner Tier­gartens, indem mau sich bemühte, den ursprünglich mit reichem Unter­holz bestandenen wilden Wald in einen englischen Park umzugestalten. Mögen die Gründe für die Entfernung des Unterholzes sein, welche sie wollen, überall führt diese Massregel zu einer vom Menschen durchaus nicht beabsichtigten Wirkung, dass nämlich die Rotkehlchen, die Nachti­gallen und viele andere am Boden oder in der Nähe brütenden Sing­vögel an Wohnungsnot leiden und schliesslich ganz vertrieben werden.

Auf dem Ackerlande bewirkte die Durchführung der Separation und die immer intensivere Bodenbenutzung, dass die früher allgemein vorhandenen Feldgehölze, die au Ackerrainen und Wegeränder früher reichlichen einzelnen Bäume und Brombeerwildnisse verschwanden und auch hierdurch wurde der Bestand unserer Tierwelt, zumal der Vögel sehr vermindert.

Ueberall in ganz Deutschland werden jetzt die Spechte seltener. Die moderne Forstkultur duldet eben keine überständigen hohlen Bäume im Revier und daher verschwinden die Spechte und zugleich mit ihnen die .Kohl- und Tannenmeisen, die Holztauben und Mandelkrähen, die Wald- und Baumkäuze und alle die andern nützlichen Höhlenbrüter, welche der vom Spechte gezimmerten und dann wieder verlassenen Brutlöcher bedürfen. Hier vernichtet also die Forstwirtschaft die den Wald erhaltenden nützlichen Vögel.

So greift der Mensch gar vielfach mit allzu rauher Hand in das Getriebe der Natur ein. .letzt lebt die Mehrzahl unserer Tierarten nur noch von der Gnade des Menschen und wird fortwährend durch seine Massnahmen bedroht.