Kleine Mitteilungen.
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Kleine Mitteilungen.
Circa 1400 Kreuzottern hat der Schlangenjäger Mattem, Choriner- strasse 72, welchem, wie gemeldet, von der Regierung eine Prämie von 50 Mk. bewilligt, innerhalb drei Jahren gefangen. Herr Mattem betreibt den Kreuzotterfang keineswegs zum Vergnügen, sondern zur Unterhaltung eines schwunghaften Handels mit diesen Reptilien. Mattem versorgt die königlichen Institute, Aerzte, Kliniken etc., sowohl in Berlin wie auch ausserhalb mit den Ottern, nach welchen stets eine lebhafte Nachfrage ist. Der Fang wird in ganz einfacher Weise betrieben. Der Schlangenjäger hat sich eine Scheere aus Eisendraht anfertigen lassen, bei welcher der eine Flügel zangenartig ausläuft, während sich der zweite Flügel in die Spalte dieser Zange hineinlegt. Erblickt nun Herr Mattem eine Kreuzotter, so tritt er leise an das Tier, setzt einen Fuss auf dessen Körper, und zwar so, dass es mit dem Kopf nur kurzen Spielraum hat; den Kopf erfasst der Schlangenjäger mit der Zange und legt die nunmehr wehrlos gemachte Kreuzotter in einen mitgeführten Beutel. Dieser Augenblick ist der schwierigste und gefährlichste bei der ganzen Jagd. Befinden sich in dem Beutel bereits drei bis vier Kreuzottern, so schnellen die Tiere wütend empor, während auch der neue Ankömmling auf seinen Freiheitsberauber einzudringen sucht. In diesem Augenblick hilft nur Kaltblütigkeit und ungeheure Geschicklichkeit, durch die es gelingen muss, die Schlangen durch Schläge auf den Kopf zurückzutreiben, um in demselben Moment den Beutel wieder zu schliessen. Auffälligerweise bleiben die Schlangen in dem Beutel aber ganz ruhig liegen, sobald sich eine grössere Zahl, acht, neun Stück und mehr zusammen beflnden. Häuflg trifft Herr Mattem auch eine grössere Anzahl von Schlangen, fünf, sechs Stück zu einem Haufen zusammengeballt. Hier ist bei dem Fang dringende Vorsicht vonnöten. Die meisten Kreuzottern halten sich, wie Herr Mattem unserm Berichterstatter mitteilte, im Spandauer Forst, in der anstossenden Falkenhagener Heide bei Seegefeld, sowie in den bei den Berliner Ausfliiglern so sehr beliebten Waldungen von Finkenkrug' auf, ebenso bei Buch an der Stettiner Bahn. Die weitaus ergiebigste Fangstelle bildet aber der Spandauer Forst, aus welchem Herr Mattem den grössten Teil der gefangenen Schlangen herausgeholt hat. Die Kreuzottern werden ihm mit 50 Pf. bis 1 Mk., je nach Grösse und Geschlecht, bezahlt. Ausserdem betreibt Herr Mattem auch den Fang von Blindschleichen, Ringelnattern, Eidechsen etc, ebenfalls begehrte Artikel, die von königlichen Instituten angekauft werden. Zu der Natur der Kreuzotter sei noch zur Warnung für unsere Leser erwähnt: Die Otter hält sich in der warmen Jahreszeit allenthalben, sowohl in Wäldern wie auch auf Wiesen auf, zumeist in einzelnen, mitunter auch in mehren Exemplaren. Beim Herannahen von Menschen flüchtet das Tier gewöhnlich; wenn es jedoch die Schritte nicht vernimmt, liegen bleibt und getreten wird, bzw.