Heft 
(1897) 6
Seite
348
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348 H. Pieper, Die histor. Volkslieder d. Mark Brandenb. a. d. Zeit. d. Mittelalt.

Dieser Zug, au und für sich ohne Bedeutung für den AuSgang des Krieges und deshalb von fernerstellenden Geschichtschreibern wenig be­achtet, hatte durch die Tollkühnheit, mit welcher er unternommen war, wie wir aus den noch vorhandenen Aufzeichnungen ersehen, allgemein die Aufmerksamkeit der Märker erregt und so auch die Veranlassung zu dem noch erhaltenen Volksliede gegeben.

Folgende Berichte liegen, so viel ich sehe, uns über dieses Ereignis vor.

I. Die niederschlesische Überlieferung.

Von den gleichzeitigen schlesischen Historikern erwähnt dasselbe meines Wissens allein der Verfasser der (von 14157 bis 1493 reichenden) Annales Glogovienses*), bei dem es (S. 37) heisst:A. d. 1.478 post Pascha stipendiarii ducis Joannis per astutiam susceperunt unum opidum firmum dictum. Belitz in Marchia et multa bona ibi reperierunt, quia annuale forum ibi erat, et per vim in possessionem susceperunt et incolas expulerunt. Tune marchio dictum opidum obsedit cum suis sed magna damna suscepit et sic per tres hebdomadas singulos dies attemptavit. Demum audivit quud dux Joannes veniret, ut eos redimeret. Tune marchio civitatem propriam incendit, et sic illi qui in ea fuerunt tune sic plane exierunt et dederunt se captivos marchioni et nihil cum eis deportaverunt, et eorum erant pauci scilicet 130 et duo tantum ex eis erant interfecti.

Dieser Bericht ist dann fast wörtlich übergegangen in die 1571 verfassten Gentis Silesiae Annales (Wittenb. 1571, S. 338) des Glogauer Arztes Joachim Curaeus (eigentlich Scherer, 15321573), eines Schülers Melanchthons, die in den Wittenberger Kreisen als bedeutendes Geschichts­werk galten.

Die Annales des Curaeus benutzte auch Zach. Gartz (Garcaeus, 154486) bei der Abfassung seiner Successiones . . . Praesidum Marchiae Brandenburgensis und entnahm denselben bei seiner ersten Niederschrift (v. J. 1582 oder 83) auch folgenden Bericht über den Zug des Haupt­manns Jan Kuck, dessen Name ihm aus dein unten genauer zu be­sprechenden Volksliede bekannt war, und den er nun seinen Ausführungen hinzufügte (Autogr. p. 462 f.):Irruptionum autem hostilium, quarum inultas in Marchiam Brand, instituit Saganensis, praecipua est capitanei ipsius Jan Kuck, immissi in urbem Belicium, nundinarum tempore, quo plena bonarum rerum per fraudem ä militibus Johannis urbs ea occupata est. Marchio re cognita obsedit urbem spacio trium

*) Herausgeg. von Herrn. Markgraf in den Scriptores rerum Silesiacarum, Bd. X (1877) S. 1158. Als Verfasser gilt jetzt der Glogauer Kaplan Caspar Borgern (f vor dem 25. Okt. 1495), cf. P. Knoetel, Der Verfasser der Annales Glogovienses, in der Zeitsch. d. Ver. f. Gesell, u. Alterthumsk. Schlesiens, Bd. XXII (1888) S. 94108. Die ältere Ansicht über die Entstehung des Werkes bei C. Grünhagen, Wegweiser durch die schles. Geschichtsquellen bis z. J. 1550, Breslau 1876, S. 1.