Heft 
(1897) 6
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USO Bericht über die 13. (0. ordentl.) Versammlung des VI. Vereinsjahres.

den Steindruck, die Erfindung Senefelders*), beherrscht. Die Litho­graphie hat den exakten Wissenschaften viel genützt, das muss dankbar anerkannt werden. Die Darstellungsart des Steindrucks ist eine leichtere als diejenige des Kupferdrucks und sie ist in manchen Fällen, nament­lich für die Abbildung einzelner Tiere, Pflanzen, Krystalle u. s. w., noch heutigen Tages im Gebrauch. Dagegen hat die Lithographie niemals sonderliches bei der Massenzusammenstellung architektonischer wie länd­licher Gruppen, also z. B. wenig bei Städteansichten, Landschaften, topo­graphischen Prospekten und dergleichen geleistet.

Hier mm gerade hat zum Vorteil der Landes- und Heimatkunde in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Photographie Wandel geschaffen**). Aber auch bei dieser, wie bei jeder Technik, hat es Jahr­zehnte gedauert, bis sie sich derartig vervollkommnte, dass ihre prak­tische Anwendung für unsere Spezialwissenschaft eine allgemeinere werden konnte. Die Chemikalien sind verbessert, die Platten licht­empfindlicher, die Apparate für reisende Forscher vereinfacht, verbilligt und vor allem leichter gemacht worden und es vergeht kaum ein Jahr, wo nicht diesbezüglich neue Erfindungen bekannt gemacht, mitunter auch ihrer Erheblichkeit wegen patentiert werden.

Einen natürlichen Mangel haben aber selbst die grössten und schärfsten Photographieen darin, dass sie in einem Vortragssaal immer nur von einer kleinen Anzahl Personen zur gleichen Zeit besichtigt werden können. Sie wissen aus unseren Sitzungen, wie es mitunter eine Viertelstunde und länger dauert, bis diejenige Photographie, auf welche der Vortragende Bezug genommen hat, den Umlauf durch sämtliche Zuhörer macht.

*) A loys Senefelder, geb. 6. Nov. 1771 zu Prag, erfindet 1799 den chemischen Steindruck, richtet seit 1806 in München lithographische Werkstätten ein und stirbt daselbst 26. Febr. 1834. Senefelder wurde vor einigen Jahren vor dem Schönhauser Thor ein Standbild errichtet und der Platz daselbst Senefelder-Platz genannt. Auf den Holzschnitt, der in früheren Jahrhunderten ebenfalls zur Ausstattung wissenschaft­licher Werke, auch landes- und heimatkundlicher Natur, verwendet wurde, wird hier nicht eingegangen, weil er vor 100 Jahren gerade arg verfallen war. Vorzüglich ist der Holzschnitt durch Friedrich Wilhelm Gubitz, geb. 27. Februar 1780 zu Leipzig wiederbelebt worden, hauptsächlich in Berlin seit 1800, also um die Zeit, als der Stein­druck erblühte. Aber gerade deshalb und weil er viel mehr Kunst und Geld als der Steindruck erfordert, hat er mit dem letzteren die Konkurrenz bei wissenschaftlichen Werken selten bestehen können.

**) Die Anfänge der Photographie reichen bis etwa 1837 zurück, wo Professor Enslen in Dresden wahrscheinlich die ersten Versuche machte. Mein Vater, Dr. phil. Gari Friedei, half ihm dabei und stellte selbständige Versuche hierseihst bis in die ersten Jahre des folgenden Jahrzehnts an. Dann liess die Erfindung des Fran­zosen Daguerre diese ersten Anfänge in Vergessenheit geraten, bis sie Talbot in verbesserter Form wieder aufnahm. Gelegentlich werde ich mich in der Branden­burgs hierüber ausführlicher verbreiten.