Heft 
(1897) 6
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14. (5. ordentl.) Versammlung des VI. Vereinsjahres.

zählt Bleicherode, dessen Bewohner manSchneckenhengste nennt. Ein Schriftsteller aus dem Jahre 1739 teilt hierzu folgendes mit:

Die Bewohner zu Bl. haben vor einigen Jahren eine kuriose Nahiung gehabt, die wohl schwerlich an vielen Orten anzutreffen. Sie haben nämlich die grossen Schnecken (grosse Weinbergssclmecke), so man zu essen pflegt, bei vielen tausend Schocken auf den dortigen Bergen gesammelt und zusammengelesen, dieselben in ihren Gärten auf­behalten, zu dem Ende sie einen Haufen von Wellenholz gemacht, welcher von einem Wassergräbchen umschlossen gewesen oder sie auch nur mit Holz umlegt, damit sie nicht davon kommen können und solche nachgehends mit Kohlblättern, auch einem Kraute von solcher Art, so im Wasser wächset, gefüttert, bis sich die Schnecken geschlossen. Als­dann haben sie solche zum Verkauf in benachbarte Oerter gefahren und getragen. Man hat wohl eher ganze vierspännige Wagen voll solcher aufgefütterter Schnecken mit gutem Gewinn nach Leipzig gefahren und verkauft. Nachdem aber vor einiger Zeit ein solqher gewinnsüchtiger Handelsmann das Unglück gehabt, dass er auf der Reise von einer warmen Witterung überfallen und wie er nach Leipzig kommt, der ganze Wagen lebendig worden, so dass er seinen ganzen Kram in den Koth schütten muss, so ist hernach manchem der Appetit vergangen, sich durch diese Schneckenfütterung zu bereicherr. (Entnommen aus Fr. Krönig, Oertl. Spitznamen der Nordthüringer.Aus der Heimath, Sonntagsbl. des Nordhäuser Courier vom 28. Jan. 1894.)

b) Essbare Süsswasserschnecken.

Mit diesem Kapitel werden wir sehr schnell fertig. Professor Dr. Ed, von Martens,Die Weich- und Schaltiere, 1883, S. 285 berichtet: Im malaiischen Archipel werden die grösseren Süsswasserschnecken aus den Gattungen Melania, Neritina und Ampullaria von den Eingeborenen gern gegessen; auf Ile de France (Mauritius) wird Navicella borbonica und Melania amarula von den Schwarzen gegessen, aus der ersteren wird auch eine Brühe bereitet, welche für Kranke besonders wohlthätig sein soll. Die beinahe faustgrossen Kugelschnecken, Ampullaria, sind auf einigen westindischen Inseln nach 'Guildings Ausdruck Lieblings­speise der Neger und Ratten; die riesige Art dieses Geschlechts, Am­pullaria urceus, an den Ufern des Orinoko dient nicht nur den dortigen Eingeborenen als Ernüchterungsmittel nach ihren berauschenden Paiwari- festen, wie bei uns der saure Häring, sondern sie errettete auch den Reisenden Ferdinand Appun einmal vom Hungertode, als er im Urwald verirrt war.

Dass ein Berliner oder Brandenburger eine Süsswasserschnecke verzehrt habe, ist nur einmal bekannt geworden. Unser Ehrenmitglied Professor Dr. Paul Ascherson hat mir nämlich gebeichtet, dass er aus