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14. (5. ordentU Versammlung des VI. Vereinsjahres.
einzelnen Stämmen der Rothäute, wie man aus alten Muschelhaufen schliessen kann, und werden es jetzt noch in Kalifornien und Südamerika. Die niederen Stände der Chinesen essen dagegen unbedenklich Süsswassermuscheln, deren die grossen Flüsse und Seen des mittleren und östlichen Teils ihres Landes ihnen eine grosse Menge darbieten; eine Art hat daher den Namen Anodonta agricolarum. —
Wenn Sie die grossen Stücke von Unio pictorum, der Malermuschel, und der grossen Teichmuschel Anodonta sehen, letztere bis halbpfündig, die bei uns Vorkommen, und die ich zur Ansicht heut mitgebracht habe*), so werden Sie mein Bedauern vielleicht verzeihen, dass man mit denselben keine Essversuche macht. Ich muss mich aber hier sogleich berichtigen: Drei unserer Mitglieder haben Unionen und Anodonten gekocht und verzehrt, wenigstens gekostet und mir gesagt, dass sie das Fleisch wässerig und fade fanden. Allerdings hatte man versäumt, das Fleisch zu hacken, mit Essig und Oel, Nelken und anderen Gewürzen zu versehen, vielleicht hätten unsere brandenburgischen Süsswassermuscheln alsdann besser gemundet. Dennoch werden Süsswassermuscheln in Menge bei uns in der Provinz Brandenburg verspeist, allerdings vom lieben — Rüsselvieh. An der Oder bei Neu-Glietzen sah ich Haufen von Schalen der Unionen und Anodonten aufgehäuft, deren Tiere zum Schweinefutter ausgeschrapt waren, ähnlich am Stobberbach bei Buckow in der Märkischen Schweiz, wo ich seltene Unionen, Unio batavus, ater und crassus in den Schalenhaufen bemerkte. Yon ähnlicher Verwendung mögen Muschelhaufen herrühren, die ich am linken Dahme- Ufer bei Coepenick mit Wirtschaftsresten ausgegraben und in den Verh. der Berl. Anthrop. Ges. Y. 1873 S. 22 beschrieben habe, dgl. Muschelhaufen, die ich auf der Oder-Insel Neuenhagen unweit des Bahnhofs Oderberg ausgegraben und im „Führer durch die Fischerei-Ahth. des Märkischen Provinzial-Museums“ Berlin, 1880 S. 4 erwähnt habe. An beiden Oertlichkeiten handelt es sich um vorgeschichtliche Funde. — Auch die mitunter sehr dicken Schalen der Maler-Muschel (Unio pictorum) werden bei uns wirtschaftlich verwendet, einmal, was längst bekannt, zur Auf-
*) Diesbezüglich entnehme ich dem „Berliner Lokalanzeiger“ vom August 1895 folgende Mitteilung: „Panke-Austern. Während der verflossenen Ferien entdeckten Knaben, dass die Panke besonders unter den Brücken in Berlin „Flussmuscheln“ enthält. Seit dieser Zeit waten kleinere und grössere Knabengruppen in der schulfreien Zeit dort täglich auf der Muschelsuche im Wasser umher. An einem der letzten Nachmittage fand einer der Jungen unter der Brücke der Schulzendorfer Strasse ein Riesenexemplar von 1 Fuss Länge und ‘/a Fuss Durchmesser, das er freudig der Mutter für das Aquarium übergab.“ Diese Masse sind allerdings wohl übertrieben. Freilich führt Stein a. a. 0. Exemplare der Anodonta cygnea L. von 10'/ 3 Zoll Länge bis 4 Zoll Dicke und 5 Zoll Breite aus einem Mühlenwehr bei Coepenick mit dem Bemerken an, dass nach Mitteilung eines Fischers noch um die Hälfte grössere Exemplare daselbst vorkämen.