Heft 
(1897) 6
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14. (5. ordentl.) Versammlung des VI. Vereinsjahres.

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nähme von Wasserfarben und als Tuschnäpfe. Dann sah ich vor einigen Jahren, wie egyptische Kunstschreiner, welche Sessel und Tischchen nach orientalischer Art mit Muschelschale auslegten, als ihnen die von Kgypten mitgebrachten Süsswassermuschelschalen auf der hiesigen egyptischen Ausstellung ausgegangen waren, sich mit Stücken von Schalen des Unio pictorum und Unio tumidus behalfen. Allerdings waren dies sehr dicke Exemplare, wie sie die Havel zwischen Pichels- werder und der Pfaueninsel beherbergt. Auch am Main werden die Schweine mit Flussmuscheln gefüttert (Kobelt, Fauna der nas- sauischen Mollusken. Wiesbaden 1871. S. 234), ferner zu vergl. E. v. Martens, die Weich- und Schalthiere. Lpz. u. Prag. 1883. S. 272, sowie Conwentz: Die Yerwerthung der Flussmuscheln in Westpreussen, Mitth. des Westpreuss. Fischerei-Vereins, Bd. YI, Heft I, 1894. Auch zur Aufbesserung der Wege verbraucht man die Schalen der Unionen und Anodonten in Westpreussen nach Conwentz, während ich gesehen, wie manche Anwohner des Müggelsees und Tegeler sowie des Werbellin - Sees die ungeheuren Bänke leerer Scbafklauen- Muscheln (Dreissensia polymorpha) verwenden, um damit ihre Garten­stege zierlich zu bestreuen. Dass letzteres mit Seemuscheln in den Niederlanden vielfach geschieht, habe ich in meinem Aufsatz:Fisch­wesen in Holland, Belgien u. England, Circulare des deutschen Fischerei-Vereins, Jahrg. 1871, S. 23 flg. ausführlich beschrieben, e) Essbare Meeres-Muscheln.

Ganz anders liegt die Sache mit den Meeres-Muscheln. Der Küchen- verbrauch derselben steigt, man kann sagen, mit jedem Jahre, haupt­sächlich bei den Austern, welche leider in unserer engeren wie weiteren Heimat noch immer zu den teuren, nur den wohlhabenderen Ständen zugänglichen Nahrungsmitteln gehören.*)

Gleichwohl schaudert noch immer mancher unter uns vor dem Genuss der Auster, dieser Königin unter denMeeresfrüchteu zurück und er wird denken, König Jakobs von England Ausspruch, es sei ein mutiger Mann gewesen, der es zuerst gewagt, Austern zu essen, ist durchaus zutreffend. In der That sind Austern fast die einzige lebendige Kost, welche der Mensch zu sich nimmt.**)

*) Vor Weihnachten 1895 erschienen plötzlich nordamerikanische Austern, sogen. Blue points, das Schock zu sechs Mark, das Stück zu 10 Pfg. auf dem Berliner Markt, wo sie auch unter weniger Begüterten reissend Absatz gefunden haben sollen. Dieser Fall ist aber eine Ausnahme hierorts geblieben. Auch die Venus-Muscheln (Venus mercenaria), die bei den Nordamerikanern so beliebten clams, versuchen in Büchsen eingemacht sich in Berlin zu verbreiten, werden leider aber aus Unwissenheit bei uns wenig beachtet,

**) Ich bekenne mich schuldig, wiederholt Miesmuscheln aus der Ost- und Nord­see sowie Napfschnecken (Patellen) aus dem atlantischen Ozean und aus dem Mittet ländischen Meere, die ich mir am Strande von Steinen abgelöst, rohe und lebende, mit Genuss verzehrt zu haben.