Heft 
(1897) 6
Seite
425
Einzelbild herunterladen

14. (5. ordentl.) Versammlung des VI. Vereinsjahres.

425

Darauf weist schon die Bezeichnung der Fischerbrücke und der Fischer­strasse in unserem allerältesten Viertel Berlins hin.

An allen bedeutenderen Orten der Spree und Havel finden sich noch heute Fischerinnungen, welche besondere Stadtviertel oder Strassen am Strom entlang bewohnen.

Diese Bezirke sind meist mit dem NamenKietz bezeichnet, so wie in Coepenick, Fürstenwalde, Beeskow, so auch in Spandau, Rathenow, Brandenburg u. s. w.

In diesen Städten haben sich die Fischerinnungen aus alter Zeit bis auf den heutigen Tag erhalten und erfreulicher Weise auch an ihren alten Einrichtungen und Gebräuchen festgehalten. In den Händen dieser Innungen war früher auch der Fischhandel.

Der Fischfang in der Spree und Havel war so reichlich, dass Berlin aus der Spree und Havel vollständig mit Fischen versorgt wurde.

Von Beeskow, Fürstenwalde und von Brandenburg waren immer Fahrzeuge mit Fischen nach Berlin unterwegs, und diese Fische gingen an Grosshändler in Berlin und waren von diesen mit den ganzen Ort­schaften auf lange Jahre kontrahiert.

Anders aber verfuhren die nächsten Ortschaften wie Coepenick, Rahnsdorf, Wernsdorf, Spandau.

Die Frauen der Fischer brachten den Fang selbst nach Berlin und zwar zu den Mittwochs und Sonnabends stattfindenden grösseren Fisch­märkten.

Es vereinigten sich 7 oder 9 Frauen. Die älteste sass hinten am Steuer und die anderen sassen auf den Ruderbänken mit langen Petzen und zogen dieselben in gleichmässigem Takte den stundenlangen Weg.

An dem Fahrzeug selbst hatte jede der Frauen ihren Dröbel mit den Fischen angebunden, so dass Sie sicli leicht denken können, dass der Transport namentlich bei starkem Gegenwind ein recht beschwer­licher war. Dazu mussten sich die Frauen noch den Spott und Hohn der Schiffer und Berliner Sportruderer in reichem Maasse gefallen lassen.

Thatsache ist, dass sie sich auf dem ganzen Wege immer und immer viel zu erzählen hatten und zwar sprachen sie alle plattdeutsch. Diese Redseligkeit führte dazu, dass sie auf dem Wasser mit den Gänsen verglichen wurden und man sie mitHule, Hule, Hule überall anrief. Aber dieselben Frauen, welche dem Wind und Wetter so gleichmütig trotzten, hatten auch Humor genug, um jeden Spott mit gleicher Münze zu bezahlen.

Also sowohl die alten in Berlin ansässigen Fischhändler, sowie diese vielen Frauen aus der Umgegend lieferten für Berlin den grössten Teil des ganzen Bedarfes, bis die Spree und Havel nicht allein durch übermässiges Abfischen, wie vielfach irrtümlich behauptet wird, sondern durch die Korrektion der Ströme, sowie durch Ausdehnung des Dampfer-

31