Heft 
(1897) 6
Seite
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14. (5. ordentl.) Versammlung des VI. Vereinsjahres.

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Waren die Krebse einmal knapp, so fuhren die Berliner Händler ihnen entgegen und rissen sich um die Ware, waren sie aber vollauf, so blieben sie unbeachtet am Spittelmarkt oder an der Fischerbrücke stehen.

Da der Krebshandel allein für die Leute nicht lohnend war, so beschäftigten sich dieselben auch damit, für ihr Heimatsdorf den nötigen Zucker, Kaffee und Tabak mitzubringen und da passierte denn einmal folgende Geschichte :

Einer von diesen Händlern hatte einen guten Tag gehabt, er hatte seine Krebse an den Mann gebracht, hatte dafür einen Beutel voll Geld es braucht ja nicht allzuviel gewesen sein; es wurde ja damals noch in Kupfergeld, guten Groschen, in polnischen Achtgroschenstücken u. s. w. gezahlt und sich nun wohl einen Freudenrausch gekauft.

Seine Einkäufe, welche namentlich in Zucker bestanden, waren besorgt, der Hausknecht des Gasthofes hat ihm seine Hunde vor den Wagen gespannt und lässt den Mann nun ruhig abfahren in der Er­wartung, dass der lange Weg ihn schon ernüchtexm werde.

Bis zum Windmühlenberg geht die Sache. Da plagt ihn der Teufel, er lässt Wagen und Hunde stehen, steigt den Berg hinan, holt seinen Geldbeutel heraus, schüttelt ihn drohend gegen die Stadt Berlin und sagt:Berlin, Berlin, noch eenmal so, dann bist De mien!

Inzwischen sind aber die durstig gewordenen Hunde mit samt Wagen und Ladung in den kleinen Teich gelaufen, welcher unten am Berge war und standen nun mit dem teuren Zucker mitten im Wasser.

So war der Mann aus seiner Seeligkeit gleich wieder in tiefe Be­drängnis geraten.

Also bis zum Jahre 1860 bewegte sich auch der Krebshandel in recht engen Grenzen.

Da bestellte die bekannte Firma Gustav Böttger in Köln fortlaufend grössere Posten Krebse bei meinem Vater und man erfuhr hier bald, dass diese Krebse nach Paris# gingen und dort teuer bezahlt wurden.

Es dauerte nicht lange, so wurden die Krebse direkt von hier nach Paris gesandt und nun erlangte das Krebsgeschäft allmählich grössere Bedeutung. Paris versorgte damals nicht allein sich, sondern ganz Frankreich mit Krebsen und war und blieb daher Jahre lang der beste Abnehmer, zumal dort alles in Auktion verkauft wurde, so dass man hinschicken konnte, soviel man wollte.

Inzwischen stieg auch der Absatz in Berlin und Deutschland.

Selbstredend musste mit dieser Ausdehnung des Umsatzes auch die Beschaffung der Ware harmonieren und Mecklenburg, Pommern, Posen, Westpreussen und dann namentlich die grossen und zahlreichen masu­rischen Seeen liefern ihre Erträge an Krebsen in regelmässigen Sendungen nach Berlin und Köln. Denn in Köln hatten sich inzwischen einige