Heft 
(1897) 6
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15. (6. ordentl.) Versammlung des VI. Vereinsjahres.

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lag. Durch vorzeitige Eisgänge mit eintretendem Frost können leicht Versetzungen stattfinden, die früher zu Deichbrüchen Veranlassung ge­geben haben. Beschäftigen wir uns einen Augenblick auch mit den Hochfluten, so ist die Erinnerung hieran besonders lebhaft in einem so gefährdeten Ort wie Crossen, so dass die Daten hier ziemlich weit znrückgehen. Von den neun höchsten Ständen zu Crossen fallen sechs auf das Hochwasser des Frühjahrs und drei auf das sommerliche Hochwasser.

Nachdem wir uns bisher nur mit den natürlichen Bestandteilen des Oderstroms beschäftigt haben, wenden wir uns nun zur Thätigkeit des Menschen. Wir betreten damit das Gebiet der Wasserwirtschaft. Im vorigen Jahrhundert erstreckten sich die Arbeiten nur auf die Be­gradigung des völlig verwilderten Stromlaufes sowie auf die Sicherung seiner Ufer, und erst später trat die Herstellung einer regelmässigen Breite, Tiefe und Gestalt der Rinne als weitere Aufgabe hinzu. Die Kriegsjahre im Anfang dieses Jahrhunderts Hessen alle Einrichtungen zu Grunde gehen. Bei der Strombereisung von 1819 haben Eytelwein und Günther den Weg klar vorgezeichnet, auf welchem sowohl Vorflut als Schifffahrt zu ihrem Recht kommen sollten. Immer aber waren die Mittel zu gering, deshalb beschränkten sich die Arbeiten auf die not­wendigsten Strecken. Erst seit 1876, als reichlichere Geldmittel zur Verfügung gelangten, konnte der Ausbau planmässig durchgeführt werden. Dahin gehört die Anlage von Buhnen und ihre Verlängerung bis zu den Strichlinien des Mittelwasserstromschlauches. Sie haben die Auf­gabe, das natürliche Bett auf die Normalbreite des Mittelstromschlauches einzuschränken. Sie werden aus Faschinenpackwerk und Steinen her­gestellt mit einer Kronenbreite von 1 bis 2,5 m und einfach geneigter Seitenböschung. Ihre Köpfe sind ganz besonders verfestigt. Es gilt als Ziel eine Mindesttiefe von 2 m unter dem Mittelwasser des Jahrzehnts 1874/83 in dem Stromstück vor den Buhnenköpfen zu schaffen. Im Banamtsbezirk Crossen sind von 1874 bis 1893/94 auf 116,7 km Strom­länge 1113 neue Buhnen gebaut, ausserdem 855 ältere Buhnen verlängert, aufgeholt und mit Vorlagen versehen worden. Der Kostenaufwand hierfür betrug 4 406 190 M. In der zum Bauamtsbezirk Cüstrin gehörigen Strecke von Frankfurt bis zur Wartemündung sind 1742520 M ver­ausgabt worden.

In dem vorletzten Abschnitt (Oderbruch) hat die Oder in dem Lauf ihrer Flussrinne die grösste Umgestaltung erfahren. Und zwar geschah dies in der Zeit von 1740 bis 1817. Von der alten Warte­mündung bei Cüstrin bis zur brandenburgisch-pommerschen Grenze wurde damals die Oder um 'A ihres früheren Laufes, von Güstebiese his Hohen-Saathener Zoll allein um mehr als die Hälfte begradigt. Der von Güstebiese über Zaeckerick bis Hohen-Saathen mit Benutzung