16 ( 10 . ausserordentl.) Versammlung des VI. Vereinsjahres.
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1579 in Anspruch genommen wurden, geht aus einer handschriftlichen Notiz hervor, die sich in dem mir gehörigen Thurneissersclien Kalender jenes Jahres befindet. Sie lautet: Diess Jahr seind getrauet worden 92 par Ehleuts, 429 Kinder getauffet, 264 Perssonen gestorben.
St. Georgen unterstand noch ohne eigenen Geistlichen dem Ministerium von St. Nicolai.
Als dann aber in Folge des neuen Festungsbaues die Ansiedelungen in den Vorstädten einen rapiden Fortgang genommen, beantragten die Bewohner der Stralauer-, Georgen- und Sophien-Vorstadt, welche auf die kleine Spitalkirche angewiesen waren, die Erhebung derselben zur Pfarrkirche. Allein das geistliche Ministerium von St. Nicolai mochte die Einnahmen nicht verlieren, und so zog sich die Angelegenheit bis zum Regierungsantritt desKurfiirstenFriedricbsIII. hin. Dieser „resolvirte“ unterm 18. März 1GH9: „Als dieweil die Bürgerschaft und die Einwohner sowohl in Berlin, als auch die Vorstädte am Volke täglich sich mehren und zunehmen, und also das Ministerium in Berlin mit denen in der Stadt wohnenden genugsam zu tliun haben, hiergegen die in denen Vorstädten, sonderlich im Winter, da des Abends die Thore um 4 Uhr geschlossen, des Morgens aber erst um 8 Uhr geöffnet, wegen der Kranken und Sterbenden, auch der jungen und kranken Kinder, deren Eltern sie gerne vor Absterben getauft sehen möchten“, ist ein eigener Prediger in diesen Vorstädten anzustellen, welcher in der sogenannten Spitalkirche predigen soll.“
Im übrigen fand auch hier, wie bei der Gertraudten-, Heiligegeist- und Sebastians (Euisenstädtischen) Kirche, während des Sommers der Gottesdienst unter den Lindenbäumen des Kirchhofs statt.
Der erste neugewählte Prediger an St. Georgen war Christoph Wilke, eines Goldschlägers Sohn aus der Heinersdorfer- (Prenzlauer-) Strasse. Er bezog ein jährliches Gehalt von 80 Thlrn., für das sowie für Beschaffung einer Wohnung zwölf „einigerinassen wohlhabende“ Ge- meindegiieder sich mit Haus und Hof verbürgten. Der Kantor bezog 40, der Organist 15 Tlilr. Letzterer hatte nur ein kleines Positiv zu spielen, das 20 Tlilr. kostete, wozu ein Ungenannter 15 Thlr. beigesteuert hatte.
Im Jahre 1764—65 erfolgte ein Anbau der Kirche; acht Jahre später ein stattlicher Turmbau an Stelle des Dachreiters. Um dieselbe ^eit schied ein grosser Teil der Gemeinde, die neu begründete Sophien-
Parochie, aus.
Dann wurde 1716 das alte Pest haus abgebrochen und zu dem 1720 erfolgten Erweiterungsbau des Hospitals hinzugezogen, wie dasselbe auf dem Kirchplatz sich erhebt, seit einigen Jahren aber seiner Bestimmung nicht mehr dient.