16. (10. ausserordentl.) Versammlung des VI. Vereinsjahres.
479
Lysins f 1710; Levin Johann Schlicht, ein Nachkomme der Edlen v. Boynehurg, f 1728. Von ihm findet sich in anserm Gesangbuch das Abendlied (No. 550) vor: „Ach mein Jesu, sieh, ich trete, da der Tag sich nunmehr neigt etc.“.
Daniel Schöne mann, welcher ganze Predigten in Reime improvisierte, von Friedrich Wilhelm I. aber 1785 zu den Friedrichsfelder Bauern versetzt wurde, war der einzige Geistliche, welcher von St. Georgen schied. Theodor Carl Georg Woltersdorf, welcher 1800 im 79. Lebensjahre als 01>er-Konsistorial-Rat verschied, war der erste Geistliche an St. Georgen, dem eine solche Erhebung zuteil wurde. Nach ihm erhielt nur noch Ludwig Couard die Würde eines Dr. theol. verliehen. Von 1819 bis 1860 an St. Georgen wirkend, war er einer der gewaltigsten und, neben Arendt (Parochialkirche), wohl der beliebteste Geistliche in Berlin. Des öfteren sah ich König Friedrich Wilhelm IV. in der Ilofloge gegenüber der Kanzel den Predigten Couards anwohnen. Der würdige Geistliche, welcher 1865 das Jubiläum seiner 50jährigen Amtsthätigkeit begangen hatte, verschied plötzlich am Vorheiligabend des folgenden Jahres während einer Weihnachtsbescherung in der Wassmannstrasse. Sein Leben währte 73 Jahre.
Im Jahre 1854 schieden die drei neuen Gemeinden von St. Marcus, St. Andreas und St. Bartholomäus aus der Parochie von St. Georgen, welcher etwa 22 000 Seelen verblieben.
Wenn Herr Superintendent Wegener, als jüngster Chronist von St. Georgen, in seiner zur Feier des 200jährigen Bestehens (1889) verfassten Geschichte sagt: „Welch’ eine wundervolle Kette von gnädigen Fügungen, segensreichen Prüfungen und freudigen Wendungen zieht sich durch die Geschichte von St. Georgen dahin“, so möchte ich hinzufügen: Grosse und schöne patriotische Erinnerungen auch sind es, die hier vor uns aufsteigen. Zogen doch durch die Bernauer - Strasse, vorüber an St. Georgen, Preussens Könige aus der Krönungsstadt ein! Hielt doch auch hier Luise, die Herrliche, deren Bildnis die grosse Glocke von St. Georgen (aus dem Jahre 1805) aufzeigte, vier Jahre später, am 23. Dezember von Weissensee her an der Seite des Gemahls ihren thränenreichen und doch so erhebenden Wiedereinzug in Berlin! I)ess’ zum Gedächtnis erhielt die Neue Königstrasse, auf Bitten der doitigen Besitzer, ihren Namen. Und endlich auch ging hier im Nordosten der Hauptstadt das Gestirn der Befreiung auf, in deren Kampfe Alexander Freiherr von Blomberg, am 20. Februar 1813 von einer französischen Kugel getroffen, beim Königsthor als erstes Opfer fiel. Noch sehe ich in der Erinnerung die hohe Pappel aus der Zeit des alten Georgenkirchhofes vor dem Eingänge zur damaligen „Grossen Georgenldrchgasse“ aufragen, an deren Fuss der Direktor des Blinden-Instituts, Zeune, ein
