Heft 
(1897) 6
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17. (7. ordentl.) Versammlung des VI. Vereinsjahres.

Aufschrift meines hochseligen Bruders hat es dem Sinne nach seine Richtigkeit. So viel ich mich erinnere, ist es ein altmodisch geformter Ring mit einem einfachen dunkelfarbigen Stein. Genau kann ich die Farbe des Steins nicht charakterisiren. Jedenfalls war es aber weder ein Diamant mit 2 Rubinen, noch war es ein schwarzer Stein. Von all den Dingen, die Sic aus schriftlichen und mündlichen Ueberlieferungen gesammelt, steht Nichts in den Papieren, welche das Packet enthält, sondern nur, dass der Ring von einem meiner Vorfahren stammt, und Friedrich II., wie alle seine Nachfolger be­fohlen haben, dass der Ring sorgfältig aufgehoben werden soll. Das mit der Kröte und mit den Bleistiftzetteln meines Grossvaters, sind mir ganz neue Sachen. Nachdem ich den Ring meiner Frau und dem Kronprinzen gezeigt, habe ich ebenfalls die weitere sorg­fältige Aufbewahrung befohlen. Dass mein hochseliger Bruder sich habe die Portraits mehrerer Kurfürsten zeigen lassen, um zu sehen, ob einer von ihnen einen ähnlichen Ring am Finger trägt, ist möglich. Ich habe nie davon gehört. Jedenfalls enthalten jene Papiere nichts, was den Wunderglauben nähren könnte, und viel weniger, als was Sie darüber zusammengetragen haben.

In den AVorten des Königs und in dem Ausdruck, mit dem er sie sprach, zeigte sich so durchaus kein Wunderglaube und kein tieferes Inter esse, dass ich dies als besonders charakteristisch für ihn anführen muss und eben deswegen den Gegenstand etwas ausführlicher behandelt habe. Nach meiner Erfahrung sind grade fürstliche Personen besonders empfänglich für solche Eindrücke. Unheimliches, Gespenstergeschichten, Geistererscheinungen waren die dankbarsten Themata für meine Vorleseabende in Sanssouci, ja ausdrücklich gewünscht und befohlen. Als der hochselige König zur Regierung kam, spielte das Vaticinium Lehninense eine grosse Rolle, und Bibliothck- wie Archiv-Beamte wurden dafür in Bewegung gesetzt, ja, diese Beamten sagten mir, dass dies bei jeder Thronbesteigung der Fall gewesen sei, wie aus den vorhandenen Ueberlieferungen hervorgehe. Noch ausgesprochener zeigte sich das, sobald derWeissen Frau erwähnt wurde, wie überhaupt das Uebernatürliche, selbst einer Königlichen Macht nicht Erreichbare, einen eigenthümlichen Zauber für fürstliche Personen zu haben scheint. König Wilhelm zeigte sich wenigstens bei dieser Gelegenheit ganz frei davon. Das wäre an und für sich kaum erwähnenswerth, wenn es nicht gleichzeitig auch manches Andere erklärte und ich eben nicht die Erfahrung gemacht hätte, dass gerade Fürsten und Fürstinnen in auffälliger Weise solchen Eindrücken unterliegen.

Auch aus den Schneiderschen Berichten geht hervor, dass zwei Ringsagen hier vermengt werden, einmal die von dem mit 3 Steinen (3 Diamanten, oder 1 Diamant zwischen 2 Rubinen) besetzten hohen- zolleriseh-ansbachischen Talismanringe und die mit dem hohenzollerisch- brandenburgischen Ringe, welchen Kaiser Wilhelm der Grosse als mit einem einfachen dunkeln Stein versehen bezeichnet. Dass dieser Talisman­ring uralter Familienbesitz sei und aus dem Mittelalter stamme, kann