Protokoll der 17. (7. ordentlichen) Versammlung des X. Vereinsjahres.
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Gegensätzen unter den Akademikern selber Anlass gegeben hat. Was uns vorscliwebt, ist ganz etwas anderes: eine freie, ehrenamtliche Vereinigung von Technikern, Künstlern, Kunstfreunden, Altertum skunde- und Volkskunde-Beflissenen pp., welche bei allen Veränderungen des Städtebildes zu Rate gezogen wird. Daran fehlt es uns bis jetzt recht sehr, die Kompetenz dieser Sachverständigen würde, wie auf der Hand liegt, über den Rahmen der Provinzial-Konservatoren und der diesen zur Seite stehenden vod den Oberpräsidenten geleiteten Denkmalsschutzkommissionen nach vielen Richtungen hin weit hinaustreten.
XIV. Beitrag zu den Niederlausitzer Volkstrachten. Je mehr namentlich die männlichen Volkstrachten in Vergessenheit geraten, umsomehr muss, das wenige beachtet und für die Museen gesammelt werden, was sich noch erhalten hat. Ich lege Ihnen zwei moderne Brustlätze für Bauerburschen u. dgl. vor, welche vor ungefähr zwei Jahren der im heimatkundlichen Interesse tliätige Amtsrichter Herr Philippi zu Kirchhain daselbst erworben und unserm unvergesslichen Ehrenmitglied Herrn Geheimen Regierungsrat Dr. Wilhelm Scliwartz übergeben hatte. Aus dessen Nachlass sind sie durch die Güte der jüngsten Tochter, Fräulein Gertrud Scliwartz, in meinen Besitz gelangt und überweise ich sie hiermit dem Märkischen Museum.
Diese Brustlätze sind, der eine von derbem blauem, der andere von derbem braunem Lausitzer Wollentuch. Der blaue Latz hat einen schmalen scliwarzsammetnen Stehkragen, der hinten mit einem Knopf zugeknöpft wird, während unten zwei Bände dazu dienen, den Latz um die Sclilänke*) festzubinden; ähnlich ist auch die Befestigung des braunwollenen Brustlatzes. Beiden gemeinsam ist ein dreieckiger Einsatz auf dem westenartig genähten Brustlatz zum Ersatz des Vorliemdchens oder des Slipses. Bei dem blauen Latz ist das erwähnte spitze Dreieck und das Vorderstück des Stehkragens mit recht bunt in Seide gestickten Blumen und Blättern geschmückt, während bei dem braunen Brustlatz nur das Dreieck und zwar dieses mit bunter Glasperlstickerei verziert ist. Bei diesem Exemplar ist das Westenartige des Latzes noch mehr durch zwei Aufschläge und goldgestickte Säume in mäandrischem Dreiecksmuster, die bis zur Schlanke reichen, ausgebildet.
Diese Latze werden in Kirchhain und anderen Niederlausitzer Orten angefertigt und in der Gegend von Dobrilugk und vielen anderen Orten der Lausitz namentlich Sonntags von der Landbevölkerung getragen.
*) Ich benutze den Ausdruck „Schlanke“ für „Taille“, den ich von Wilhelm Jordan z. B. in seinem Werk „die Sebalds, Roman aus der Gegenwart“, wie mir scheint, recht glücklich angewendet, bemerkt habe.