Heft 
(1902) 11
Seite
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32 Protokoll der 17. (7. ordentlichen) Versammlung des X. Vereinsjahres.

Erdreich eingebetteter Aschenraum, an der Oberfläche dui-cli einen Kreis von gewöhnlichen Kalksteinen markiert, barg an seiner tiefsten Stelle eine in mehrere Stücke gebrochene kleine Thonfigur, die bäuerliche Faija- gredl (Feuergretel). Es war ein förmliches Grab, in welchem nach der Volksübeiiieferung diese menschliche Nachbildung von Kindern die Leichenbrände der Grossen nachalnnend bestattet wurde. Diese Lamdocke (Laimtoeken), wie die Bauern die Thonfigürchen nennen, sind etwa eine Spanne hoch, haben einen glockenartigen Unterrock, und am Oberleibe sieht man deutlich die Hand angelegt. Sie erinnern an die Ödenburger und Fischauer Mondidole. Bisher sind diese (durch die runde Steinzeichnung nach aussen gekennzeichneten) Gredlgräber in Nieder-Österreich noch nicht beobachtet worden.*)

Puppenbegräbnisse und ähnliches waren bei Kindern wohl immer beliebt. Am deutlichsten sind mir aus meiner eigenen Jugend zwei Vorkommnisse in d£r Erinnerung geblieben. In dem einen Falle tragen wir ein ganzes Volk Papierpuppen in den Wald, um es feierlich zu beerdigen, einfach aus dem Grunde: die Gründung eines neuen Volkes voniehmen zu können; uus erfüllte in allem Ernst die Übei- zeugung, iigend eine Zeit sei abgelaufen, iigend welche Rechte hätten sich überlebt, etwas neues müsse mit neuen Kiäften geschaffen werden. Die Moosdecke ward abgehoben und das ganze grosse Volk in die ent­standene Vertiefung gebettet; dann standen wir still davor, feierlich ernst gestimmt und doch schon die Wonne neuen Schaffens empfindend. Im andern Falle (viele Jahre später) hatte das der Walderde anvertraute Geschöpf zwar ein weisses Puppen-Mullkleid an, aber im Leben war es ein Maulwurf gewesen.

Gefundene Thonfiguren sind in vielen Fällen nicht leicht zu be­stimmen. ImAnzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit 1859 No. 0 lesen wir (S. 210 u. f.):Den Freunden des Altertums sind die kleinen Bilder von gebranntem Thon bekannt, die bis jetzt nicht selten in einzelnen Funden zu Tage treten, durch ihr seltsames Aussehen die Axifmerksamkeit ei'regten und zur Frage über ihre Bedeutung auf­forderten. Meistens waren es weibliche Gestalten, ziemlich roh, doch deutlich genug gebildet, um die gewöhnliche Frauentracht des 14. Jahr­hunderts, die grosse gefältelte Haube und den oben enganliegenden, an den Ärmeln und auf der Brust zugeknöpften Rock mit dem breiten, niedrig umgelegten Gürtel zu erkennen. Herr von HefnerAlteneck fand bei seinen Ausgiabungen auf der Burg Tannenberg diese Figuren. Dieselben wurden von einigen für Verzieiung von Kachelöfen, von andern für Votivbilder angesehen.Vor kurzem wurde von diesen

*) K. Weinbold, Zeitsclir. d. V. f. Volksk. 1899, S. 333; nach dem Jaliresber. d. Präs. d. Anthropol. Ges. f. 1898: Wien; 1899, S. 5b.