Protokoll der 17. (7. ordentlichen) Versammlung des X. Vereinsjahres. 33
Figuren ein bedeutender Fund unter den Strassenpflaster von Nürnberg gemacht, der über die Bedeutung derselben aufzuklären im Stande ist. Die Bilder, über hundert an der Zahl, sind zwar grösstenteils zerbrochen; doch keins hat einen Bruch am untern Rande, so dass man annehmen könnte, es habe jemals mit einer Ofenkachel in Verbindung gestanden. Bei weitem die Mehrzahl der Figuren besteht aus den bezeichneten Frauengestalten; doch kommen auch andere vor, wie Wickelkinder u. s. w., auch kleine Töpfe, Kannen, Schalen, Jagdhörner und andere Sächelchen, denen man augenblicklich ansieht, dass sie als Spielzeug für Kinder gedient haben. — Wir haben hier in der That nichts anderes als Puppen und Spielzeug für die Kinder, namentlich die Mädchen, des 14. Jahrhunderts.“ — Manche der Figuren können als Leuchter, andere zur Aufnahme des Patengeldes benutzt worden sein. — (Der Fund ging in den Besitz des Germanischen National-Museums in Nürnberg über.) t
Puppenartige Thonfiguren aus ganz anderer Zeit und aus einem andern Weltteile leiten uns noch einmal zu Grabfunden zurück. Auf dem Totenfelde von Ancon in Peru ist in den der Jucazeit angehörenden Gräbern von den Erforschern derselben — den Herren Reiss und Stübel — die ganz allgemeine Sitte nachgewiesen, den Kindern ihr Spielzeug mitzugeben, auch gezähmte kleine Tiere, die während des Lebens ihre Spielgenossen waren. Die Puppen bestehen [u. a. auch oder vielmehr] meistens aus Zeug.
Nach einer Mitteilung des verst. Herrn Geh.-Rat Weinhold, die derselbe meinem kleinen Artikel über „Uraltes Kinderspielzeug“ in der Zeitschr. d. V. f. Volksk. (1892 S. 183 u. f.) hinzufügte, „findet sich häufig auf griechischen Kinder-Grabsteinen des 4. bis 5. Jahrh. v. Chr. die Darstellung, wie eine weibliche Gestalt einem Mädchen (d. i. dem verstorbenen) eine Puppe oder einen Vogel reicht. Auch ohne diese ältere Figur ist das Kind mit Puppe oder Vogel in der Hand dargestellt, vor ihm zuweilen ein sitzender oder springender Hund. Die Puppen sind auf diesen Reliefs gewöhnlich ohne Arme und Beine; doch kommen auch schön gearbeitete nackte Figürchen vor.“
Herr Geh.-Rat Weinhold teilte mir auch mit, dass im 7. Bande des „Internationalen Archivs für Ethnologie“ die Lumpen-Puppen der nordamerikanischen Indianer erwähnt seien. Wenn wir nun jene und die vorhin erwähnten Zeug-Puppen aus dem alten Peru so nahe verwandt mit unsern einheimischen Gebilden sehen, können wir — vom Standpunkte der Völkerkunde aus — die Puppe an sich ohne Übertreibung anderen Sachen und Sächelchen anreihen, denen ernsthafte Männer viel Zeit und Kopfzerbrechen widmen: einerseits das Übereinstimmende, andererseits das Besondere festzustellen.
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