Heft 
(1902) 11
Seite
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34 Protokoll der 17. (7. ordentlichen) Versammlung des X. Vereinsjahres.

Ganz allerliebst [heisst es in einem Artikel der Köln. Volks-Ztg.*] sind die Puppen einzelner Indianerstämme Nordamerikas. Sie stellen meistens Mütter dar, die ihr Wickelkind zärtlich im Arme halten ; es scheint demnach, dass diese primitiven Völker, ebenso wie die auf einer höheren Kulturstufe stehenden, stets in erster Linie bestrebt sind, das Gefühl der Mütterlichkeit bei ihren heranwachsenden Töchtern zu ent­wickeln. Angefertigt sind diese Puppen aus hellbraunem Holze; die Gewandung ist durch farbige Malerei markiert. Die Grösse beträgt kaum 30 cm. Einer [solchen Spiel-] Puppe ist das hässliche und gefährliche Tier auf den Rücken gesprungen, das durch eine [eigentüm­liche] Klapper verscheucht werden sollte. Eine derartige Klapper­puppe im Berl. Museum f. Völkerkunde stammt von der Westküste von Vaneouver Island und wardangefertigt, um die Kinder vor dem Tiere zu bewahren, das ihnen im Busch auf den Rücken springt und sie krank macht, also [der] Wärwolf. Ein korbartiger, aus verschiedenen Bastarten geflochtener Aufsatz sitzt an Stelle des Kopfes auf einem säulenartigen, einen Menschen schwach nachabmenden Untersatz. Sehr niedlich sind die Spielpuppen der Eskimos am Unterlaufe des Yukonflusses in Alaska; sie sind klein kaum 20 cm gross, und den Eskimos genau nachgeahmt. Der Körper besteht aus einem rohen Stück Holz, der Kopf ist meistens aus Walrosszahn geschnitzt, und die Beine sind mit weissen Lappen umwickelt. Die Kleidung ist aus Fell verfertigt und den wirklich getragenen Gewändern genau entsprechend; manchmal ist sie mit bunten Kattunfetzen verziert. Die Frauen erkennt man daran, dass auf ihren Gesichtern die übliche Tättowierung an­gebracht ist.

Das Museum für Völkerkunde hier enthält u. a. auch aus Pelzflicken gefertigte Puppen der Samojeden. Ferner Puppen der Ostiaken, von Kindern verfertigt: Darstellungen von Frauen in ihren Pelzen. Sie sind sehr klein, und die Köpfe werden durch Entenschnäbel ersetzt. (Finsch.) Doch eine Puppe hat Kopf und Schnabel vom Cygnus musicus erhalten. Bei aller Liebe für Volkstümliches kann man doch nicht umhin, diese Geschöpfe schauderhaft aussehend zu finden ; unsere Kleinen würden dabei ein Grauen empfinden. Nach Finschs Mit­teilungen gaben die Ostiaken verstorbenen Kindern Puppen in die Grab­stätte mit.

Herr Geh.-Rat Bartels legte s. Zt. der Berl. Anthropol. Ges. eine Sammlung Spielsachen aus Java vor, u. a.ein roh aus Holz geschnittenes, bemaltes Püppchen undeine Puppe aus bunten Lappen, für w T elche vielleicht chinesische Originale das Vorbild gegeben haben.**) Auch

*) D- Tagesztg. 7. Dec. 1899; der K. V.-Z. nachgedruckt.

**) Verb. d. Berl. Ges. f. A., E. u. U. 1893, S. 700.