Heft 
(1902) 11
Seite
35
Einzelbild herunterladen

&iw|

Protokoll der 17. (7. ordentlichen) Versammlung des X. Vereinsjahres. 35

Herr Basler zeigte dort eine aus Java stammende, bemalte hölzerne Puppe, deren Hauptzweck es ist,die bösen Geister von Kindern fern zu halten; [ferner eine] tanzende Puppe, zum Ausfindigmaclien von Dieben, und ein vollständiges Puppentheater.*)

Die kleine Photographie hier zeigt eine Puppe aus Japan. Wesentlich anders sind die Puppen, die japanische Frauen aus Eifer­sucht herstellen. R. Andree berichtet darüber folgendes:Glaubt eine I Japanerin sich von ihrem Gatten hintergangen, so fertigt sie eine Puppe von Stroli an, die den Betreffenden vorstellen soll, durchbohrt sie mit

I Nägeln und vergräbt sie an dem Orte, an dem der Mann schläft.**) Die Frau hofft nun gewiss mit Bestimmtheit, dass der geliebte Mann eine recht schlechte Nacht hätte.

m In Japan gab es auchPuppen, die für Knaben angefertigt waren; .1 wahrscheinlich spielten die Knaben mit denselben, so lange sie noch ff mit den Mädchen zusammen in den Frauengemächern weilten. Bei den Chinesen stellt eine der schönsten Puppen eine Europäerin vor, mit beweglichen Armen und auf Rädern. An den persischen Puppen erkennt man die dort einst herrschende Neigung für prächtige Gewänder und überhaupt für Luxus. Es wurden männliche und weibliche Puppen verfertigt; beide tragen kostbare seidene Gewandung, die mit Gold ver­ziert und behängt ist. Die Frauen sind sogar mit feinen, aus durch­sichtigem Stoffe hergestellten Schleiern versehen, was sich bei ihrer Kleinheit sie sind höchstens 20 cm gross sehr komisch ausnimmt. Verfertigt sind sie aus Holz, das mit Fleischfarbe bemalt ist, so dass diese Puppen die ersten sind, die den unsern ähneln, ohne jedoch be­wegliche Gelenke zu haben. In Indien, namentlich in Lahore und Kaschmir, waren die ersten sogenannten Puppen gänzlich gestalt­lose Spielzeuge, die wahrscheinlich als Klappern gedient haben. [Es giebt dort auch] sehr schön gearbeitete, ganz kleine Püppchen, die von Hindufrauen am Halse getragen werden, besonders von jungen Müttern ganz klein verstorbener Mädchen. Die Kindergeister sind nämlich die Schutzengel der Mutter und müssen immer in ihrer Nähe sein.***)

Die eigentliche Spiel-Puppe wird in vielen Fällen zum Sinnbild oder zum Zauberwesen. Das beruht selbstverständ­lich auf der Nachbildung der menschlichen Gestalt. Das Geheimnisvolle und zum Teil Gefährliche, das mit solcher Nachbildung verbunden ist, tritt uns auch in Beispielen aus unsern heimatlichen Gauen entgegen, wie wir nachher sehen werden. Ebenso verhält es sich mit manchen puppenartigen Gebilden, die zugleich Klappern sind.

*) Verh. d. ßerl. Ges. f. A., E. u. II. 1894.

**) Am Urquell III. Bd. 1892, S. 85. (Thomas Achelis.)

***) D. Tagesztg. 7. Dec. 1899; der Köln. Volksztg. nachgedruckt.

3 *