Protokoll der 17. (7. ordentlichen) Versammlung des X. Vereinsjahres. 41
schwung genommen, namentlich auch, da es gelang, den Köpfen eine immer natürlichere, gefälligere und gegen äussere Einflüsse widerstandsfähigere Form [und Art] zu geben. Die durch Drücken der Masse in Schwefelformen hergestellten Köpfe und Glieder wurden anfangs mit einem Glanzlack, seit 1868 mit Wachs und seit 1878 mit einem waschbaren Mattlack überzogen. Dazwischen kamen auch Köpfe und Glieder aus gegossenem Wachs, sowie aus glasiertem und Biscuitporzellan auf. In und um Sonneberg bestehen allein 5 Fabriken, welche sich fast ausschliesslich mit der Herstellung von Porzellan-Puppenköpfen befassen. Vorübergehend waren in Sonneberg fabrizierte Gummipuppen stark begehrt; gegenwärtig ist weniger Nachfrage darin; in Sonnneberg wenigstens wurde die Fabrikation bald wieder eingestellt. Die Täuflinge, deren Köpfe und Glieder aus einer gummiähnlichen, elastischen Masse gegossen waren, waren wohl unzerbrechlich und beweglich, doch hatten sie — abgesehen von dem hohen Preis — den für die Ausfuhr nach heissen Ländern bedenklichen Nachteil, dass sie bei grösserer Wärme erweichten uud schimmelten. Wirkliche Kautschukpuppen werden auch heute noch in grossen Mengen fabriziert und abgesetzt.“ — Alle Puppenarten (wie auch Celluloid- und Holzpuppen, sowie Puppen mit Blech-Köpfen) gelangen — wenn sie auch nicht sämtlich in Thüringen entstanden — von dort aus zum Versand. Für das gefährliche Bleiweiss ist jetzt das sog. „Puppenweiss“ (Zinkweiss, Lithogom) in Anwendung gekommen. Die Glasaugen werden in Lauscha (nördlich von Sonneberg) hergestellt. Das Haar bereitete lange Zeit Schwierigkeiten; Flachs war wenig geeignet und Menschenhaar zu theuer. „Das wichtige Material wurde endlich in dem Mohair, dem Haar der kleinasiatischen Ziege, der sog. Angoraziege, gefunden und wird heute in sehr beträchtlichen Mengen in Sonneberg u. s. w. verarbeitet. Die Einfuhr geschieht ausnahmslos über England, wohin die gesamte kleinasiatische Mohairschnur gelangt. — Die Bälge (aus Shirting, Köper, Leder u. s. w.) werden mit Sägespähnen, Korkmehl, Renntierhaaren [u. a. m.] gestopft und zum „Papa“- und „Mama-Rufen“ mit ebenso sinnreichen wie einfachen [von der hier so bedeutenden Haus
industrie gelieferten] Stimmen versehen. Solche „Papa“ und „Mama“ rufenden Puppen giebt es bei uns seit 1857.“ Zu erstaunlichem Umfange hat sich auch die Bekleidungsfrage entwickelt. Die Stoffe werden in der Fabrik zugeschnitten und zum Teil ausser dem
Hause verarbeitet. In den Fabriken überwachen Modistinnen die
Anfertigung.*)
„Nach der letzten Berufszählung sind für die Herstellung von Spielwaren aller Art 40 829 Personen des deutschen Volkes thätig.
*) Technische Kundschau 14. Dec. 1898.