70 19- (8- ordentliche) Versammlung des X. Vereinsjahres.
Nach Überschreitung der Schlesischenstrasse tritt die Bahn mit einem scharfen Bogen in der Mitte der Oberbaumstrasse ein, welche sie am anderen Ende mit einem gleich starken Gegenbogen wieder verbisst, um dann nach Überbrückung der Falkensteinstrasse die Spree zu übersetzen. Dies erfolgt auf einem viaduktartigen Aufbau, welcher über dem östlichen Bürgersteig der Oberbaumbrücke mit letzterer zugleich in einheitlicher Backsteinarchitektur aufgebaut wurde. Beim Überfahren des Viadukts auf der Oberbaumbrücke entrollt sich das landschaftlich schöne Bild der hier sehr breiten Spree, einerseits stromabwärts in die dicht verbaute Stadt hinein, andererseits stromaufwärts gegen Treptow und Stralau.
Unmittelbar an den Viadukt der Oberbaumbrüeke schliesst sich die Haltestelle Stralauer Thor an, welche den Verkehr der Mühlenstrasse und der Stralauer Allee aufzunehmen bestimmt ist. Gleich hinter der Stralauer Allee beginnt der grosse Betriebsbahnhof der Hochbahn mit den geräumigen, auf gewölbtem Viadukt errichteten eisernen Wagenhallen und Werkstätten. Am Ende desselben unmittelbar gegenüber der Haltestelle Warschauerstrasse der Berliner Stadt- und Ringbahn ist die Endhaltestelle Warschauer Brücke der Hochbahn und zwar in Höhe der Strasse errichtet, welche hier mit einer Brücke über die Schlesische Bahn und die Ostbahn, sowie über die Ringbahn hinweggeführt ist. Diese Endhaltestelle wird zunächst noch nicht eröffnet, weil sie einstweilen noch zur Montierung weiterer Wagenzüge für die Hochbahn benutzt wird.
Der erste Entwurf wurde von der Firma Anfang 1891 vorgelegt, die Allerhöchste Zustimmnng am 22. April 1893 erteilt.
Die Kosten betrugen bis jetzt rund 26 Millionen und sind durch Hindernisse, die erst im Laufe des Unternehmens, insbesondere in Form von Einspruch seitens sich benachteiligt glaubender Gemeinden, entstanden, gegen alle Voraussicht vermehrt worden.
Wir wünschen dem gemeinnützigen Unternehmen, auf welches unsere engste Heimat stolz sein kann, besten Fortgang für alle Zeiten.
XIII. Böten und Beten. Das „Gesundbeten“ ist ein alter Bauernbrauch, nicht, wie vielfach in nicht volkskundlichen Kreisen geglaubt wird, gleich dem Tischrücken und Geisterklopfen eine aus Amerika importierte Form des Spiritismus.*) Das Berliner Tageblatt berichtete kürzlich anlässlich des Umstandes, dass in der Aula des Städtischen Falk-Realgymnasiums für die sogen, metaphysische Heilmethode nach dem System der Nordamerikanerin Eddy Propaganda gemacht wurde, folgendes:
Es ist der bekannte Schwindel des „Gesundbetens“, der in letzter Zeit mehrfach öffentlich besprochen wird. Es ist in dem modernen Heimatlande frommer Mystik, in Amerika, erfunden worden, und die frommen Industrie-
*) Mark Twain: Das Gesundbeten und Mrs. Eddys „Christliche Wissenschaft“. Autorisierte Übersetzung im Berliner Tageblatt 1902, No. 114 folg.