Heft 
(1902) 11
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19. (8. ordentliche) Versammlung des X, Vereinsjahres.

Das ist ja Unsin! fuhr ich auf, ganz entsetzt von so viel Aberglauben; haben Sie diese Heilkünstlerin vielleicht auch zu Ihrem kranken Vater ge­bracht? Sie schlug die Augen nieder.Die net, sagte sie leise, weil wir s noch net keent habn, aber eine andre wissende Frau, die freili nix gnutzt hat; entweder wars schon z spät oder sie hat die rechte Gnad net ghabtf Nachher versucht das Veferl den ihm in den Vereinigten Staaten untreu gewordenenSchatz tot zu beten.

Im übrigen verweise ich auf meine früheren Mitteilungen über Böten und Beten bezw. folgende Angaben von mir in der Branden- burgia VI. 374376 und IX. 126 sowie auf die ausführliche Mitteilung unsers Mitgliedes Herrn Karl Poetters VIII. 225240.

Wir werden wohl noch öfter auf das Gesund- und Krankbeten in unserer Gesellschaft vom Standpunkt der Heimat- und Volkskunde zurückkommen.

XIV. Der versunkene Kahn in der Dosse bei Friedrichs­bruch unweit Neustadt a. D. In der Täglichen Rundschau vom 29. November 1901 stand folgende Mitteilung.

Ein merkwürdiger Fund ist unweit Friesack im Flussbett der Dosse gemacht worden. Bei dem niedrigen Wasserstande dieses Jahres ist dort ein grosser eichener Kahn zum Vorschein gekommen, der den Franzosen während der Kriegsjahre am Anfang des vorigen Jahrhunderts zum Verfrachten von Munition gedient hat. Das Fahrzeug war s. Zt. von Havelberg gekommen und wurde 1813 von den Franzosen an der Wiesenbrücke bei Friedrichsbruch in den Grund gebohrt, damit es nicht den anrückenden preussischen und russischen Truppen in die Hände fiele. Von Beginn an hat sich in der Gegend von Friesack das Gerücht erhalten, dass der Kahn noch wertvollere Sachen in sich berge, als nur Munition, nämlich eine Kriegskasse der Franzosen. Vornehm­lich um diese nicht in den Besitz ihrer Gegner kommen zu lassen, hätten die Franzosen das Fahrzeug zum Sinken gebracht. Eine grosse Menge Gewehrkugeln hat man aus dem Kahn bereits zu Tage gefördert; es sind aber Anstalten getroffen, ihn völlig zu heben, damit man der vermutlich darin aufbewahrten Kriegskasse habhaft werde.

Diese Nachricht veranlasste mich, Herrn Pastor Wolfram in Nackel, Kreis Ruppin, Vorsitzenden des dortigen Jünglingsvereins, welcher letzterer inzwischen korporativ der Brandenburgs als Mitglied beigetreten ist, der Sache näher nachzuforschen und dazu den Verein aufzubieten. Unter dem 17. December 1901 hat ein Herr Wolfram folgenden dankenswerten Bericht erstattet.

Über den bei dem Dorfe Friedrichsbruch (bei Neustadt a. Dosse) im Dossefluss Hegenden, versunkenen angeblichenFranzosenkahn haben wir bisher durch die Hilfe des Herrn Pastor Schmidt in Klein-Derschau, zu dessen Sprengel der Ort gehört, folgendes ermittelt.