Heft 
(1902) 11
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19. (8. ordentliche) Versammlung des X. Vereinsjahres.

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gonnene OperDer Roland von Berlin scheint noch nicht über die Bretter gegangen zu sein. Die archaistischen Bestrebungen des Berliner Geschiclits- veroins, die Bildsäule neu zu errichten, sind bekannt. Als Vorstudie hierzu brachte die Nationalzeitung kürzlich (1901 No. 328) die Notiz, im Märkischen Provinzialmuseum befinde sicheine getreue Nachbildung der Rolandstatue, welche unter Friedrich II (Eisenzahn) in die Spree geworfen worden ist. Auf Befehl des Kaisers wird jetzt, als Abschluss der Siegesallee im Berliner Tiergarten, ein Monumentalbrunnen errichtet, welcher eine 3's m hohe Rolandfigur tragen soll.

Hierzu sei zunächst bemerkt, dass der italienische Maestro für seine Roland-Oper sechs Monat Nachfrist erbeten hat und dass die Bestrebungen des Vereins für die Geschichte Berlins, auf dem Molken­markt einen altertümlichen Roland als geschichtliche Erinnerung zu errichten, viele Jahre zurückgehen. Hoffentlich wird endlich aus der Sache etwas.

Ferner erwähne ich, dass der neue kaiserliche Roland von Berlin (grosse Abbildung S. 414 in der Zeitschriftdie Woche 1902 in der Werkstatt zu Christiania), den im Aufträge unsers Kaisers der Bild­hauer Lessing modelliert hat, 3| Meter hoch ist und auf einem 7 Meter hohen Sockel stehen wird. In Christiania ist er von dem deutschen Bildhauer Bardeleben aus einem grossen Block grauen norwegischen Granits herausgehauen worden. Das Standbild behält den matten jNaturton des grauen Granits; nur die Teile, die blankes Metall dar- stellen sollen, werden poliert. Das Werk, begonnen im September 1901, |ist bis auf Gesicht und Hände, worüber Professor Lessing, sich nähere Bestimmung Vorbehalten, vollendet. DieserRoland, der Ries ist geharnischt mit Riegel- und Platten-Panzerung, Kegelhelm und lang wallendem Mantel, auf der linken Brust das kleinere Rolandsschild, wie es mehrere norddeutsche Rolande führen. In der Rechten hält er das berühmte Schwert Durandarte, in der Linken das Horn Olifant, mit dem er Kaiser Karl in der Schlacht bei Roncesvalles zu spät um Hilfe ruft. Dieser Roland ist nach Material und Ausstattung einzig in jseiuer Art und fällt gänzlich aus dem Rahmen der deutschen Rolande heraus, als eine romantische Heldenfigur von allerdings grosser plastisch-dekorativer Wirkung. Der Stil erinnert auch in etwas an die megalithische Figur der Bismarcksäule, welche die Hamburger zu errichten gedenken.

Ich brauche im übrigen wohl kaum zn sagen, dass die das Märkische Museum betreffende Notiz aus der Nationalzeitung entweder eins der bekannten Reporter-Spässchen oder einefreie Reporter- Erfindung ist.

Da Sello alle möglichen Rolands-Deutungen, auch diejenigen, welche mehr als waghalsig sind, erwähnt, so ist es wohl gestattet, die