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19. (8. ordentliche) Versammlung des X. Vereinsjahres.
neuste Rolands-Lösung, welche Herr Ernst A. Müller hierselbst in der interessanten Zeitschrift „Nedersachsen“ 7. Jahrg. No. 8 vom 15. Januar 1902, S. 141 versucht, in extenso wiederzugeben.
Die Rolands-Frage, welche Herr Uhl-Münden in No. 4 von „Niedersachsen“ aufwirft, vermag ich zu beantworten, da meine Vorfahren dem uralten Verbände der „Wetterfreien“ zu Wetter bei Melle angehörten, einer Verbindung westfälischer „Wehren“ (=Hofbesitzer), die sich und ihre Gerichtsbarkeit für niemand unterthan erachteten, als dem „Wetter und der Jungfrau Maria zu Ilerse“ (letztere die christliche Unterschiebung der Göttin Freya), in welcher Verbindung sich die Überlieferungen germanischen Rechtswesens aus grauester Vorzeit bis in die Gegenwart erhalten hatten. Auch die Femgerichte sollen darin ihren Ursprung haben. — Es gehört zu jenen albernen Mönchsmärchen, die nachmals allem germanischen Wesen Ursprung und Beziehung zum Christentum und dessen Einführung zu unterstellen suchten die Rolands-Denkmale, deren wir noch manche, in norddeutschen Städten linden, mit einem Heerführer des fränkischen Kaisers Karl in Verbindung zu bringen. Die allereinfachste Logik vermag aber schon klar zu machen, dass unsere edel denkenden und fühlenden niedersächsischen Geschlechter sich niemals jenen unsicheren Klopffechter, der in den fernen Pyrenäen ein verdientes Ende fand, zu einem so heiligen Symbol ihrer Gerechtigkeit auf, gestellt haben würden.
Die Befangenheit eines geschlossenen Richterstandes, dessen Neigung zu einer trägen, endlosen Ausdehnung der Verhandlungen in bequemen, dem Wetter abgeschlossenen Räumen voraussehend, litten jene unsere klugen Vorfahren beide nicht, und — „He sali richtet wern up roer Erde“, = das ist im Freien, war ihr erster Grundsatz. — Vier Männer mit Lanzen „ohne Wehr“ (= d. i. ohne Spitzen; deshalb „eine Rute“ genannt) von je zwei Mann, (zu sechs Fuss) = 12 Fuss Länge, legten diese Ruten in ein Quadrat zusammen und „hegten damit den heiligen Boden ein“, in dem die richtenden Männer zusammentraten. Diesen Raum durfte bei schwerer Strafe niemand ungerufen betreten, er musste also „einen Beruf“ dazu haben, und die aussen Stehenden bildeten „die Umstände“. — Von diesem „eingeruteten“ Raume, zwölf Fuss ins Geviert, hat unsere gegenwärtig noch geltende Quadratrute oder „Rute Landes“ ihren Namen, aus dem christliche Idolatrie und der Unverstand nachmals dann aus dem plattdeutschen Worte „Roe Land“ einen „Roland 1 , machte. Der Figur des altgermanischen Sonnengottes, welche als Sinnbild des Erleuchters der Menschen und der Wahrheit, als diese Gerichtsstätten in den Städten bleibend wurden, an solchen Gerichtsstellen aufgestellt ist, ward dann jene unwürdige Unterschiebung mit jene 2 n Büttel des Frankenkaisers zu teil. Auch die wunderliche und der Farbe und Gesinnung nach durchaus nicht gerechtfertigte Benennung von „der roten Erde“ Westfalens hat davon, als den aus dieser „Roe Land“ = Gerichtsstätte herstammenden Femgerichten, seinen Ursprung.
Mit der fest bleibenden Verlegung jener Gerichtsstätten in Städte erhielten die Marktplätze derselben eine geeignete Stelle für diese Gerichtsstätten mit dem Roe-lands-Bilde des Sonnengottes, und zum Ersatz der Laube