19. (8. ordentliche) Versammlung des X. Vereinsjahres. 79
des Baumes, unter dem das Gericht der uralten Gerechtigkeit und Rechtspraxis wegen stattflnden sollte, baute man von Säulen getragene steinerne „Gerichtslauben“, deren letzte eine sich am Rathause zu Berlin bis zum Jahre 1872 erhalten hatte. Dieses höchst merkwürdige Denkmal der heiligen Religion altgermanischen Rechts hätte man füglich der Reichshauptstadt erhalten sollen. Es erlag aber dem Neuerungssturme der „Gründerzeit“ trotz der Fürsprache des „alten Kaisers“ Wilhelms des I., der es dann in seinem Parke zu Babelsberg wieder aufrichten liess. „Ich wollte sie den Berlinern abkaufen,“ sagte zu mir der Kaiser in seiner launigen Weise, „sie haben sie mir aber geschenkt!“
Am Ende der Siegesallee zu Berlin, an der, durch die Munificenz des gegenwärtigen deutschen Kaisers, die sämtlichen bisherigen Ilerscher der Mark Brandenburg in bewunderungswürdig schönen, aber leider aus vergänglichem weissen Marmor, statt aus dauerndem Erz gebildeten Statuen Aufstellung gefunden haben, ist auch die Wiederaufrichtung eines Roe-Land- Denkmals geplant, das hoffentlich das bedeutsame Symbol jenes alten, das Recht und die Wahrheit schützenden „Sonnengottes der alten Sachsen“ dem neuen deutschen Reiche sein wird.
XX. Amos Comenius: Sein Orbis Pictus und sein Aufenthalt in Berlin. Aus dem Kreise unserer Brandenburger bin ich wiederholentlich ersucht worden, eine der vielen Ausgaben des Orbis Pictus einmal in unserer Gesellschaft vorzulegen. Ich komme diesem Wunsche nach, indem ich Ihnen vier verschiedene Ausgaben dieses einst weltberühmt gewesenen Bilderbuchs vorführe. Da Amos Comenius im Lauf der letzten zwölf Jahre vielfach Gegenstand der Erörterung in der Presse gewesen ist und ich mich auch sonst durchaus nicht berufen fühle, über diese gewaltige vielseitige Persönlichkeit und ihre umfassende schriftstellerische Thätigkeit zu sprechen, was ich vielmehr den eigentlichen Comenius-Forschern überlasse, deren es viele giebt, so kann ich mich ganz kurz auf ein paar Angaben beschränken, welche ich dem Archiv des Märkischen Museums entnehme. In demselben befinden sich zwei Aktenfaszikel, das eine bezüglich auf das Leben des Amos Comenius, das andere betitelt Comenius-Gesellschaft zur Pflege der Wissenschaft und der Volkserziehung in Berlin, ausserdem habe ich meine Erinnerungen an die grosse czechische Nationalausstellung benutzt, welche ich i. J. 1895 in Prag besuchte und wo ein gesondertes Comenius-Museum aufgestellt war.
Johann Amos Komensky, 28. März 1592 in Mähren geboren und zur Brüdergemeinde gehörig, hat ein ungewöhnlich bewegtes Leben geführt und musste in den Wirren des begonnenen grossen Glaubenskrieges flüchten. 1632 ward er Bischof der böhmisch-mährischen Brüder. I. J. 1648 ging er nach vielfältigen Reisen von Elbing nach Polnisch-Lissa, dann nach Ungarn, wo er das Gymnasium zu Saros-Patak im Zempliner Komitat organisierte. Hier schrieb er seinen berühmten