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19. (8. ordentliche) Versammlung des X. Vereinsjahres.
1. Das Wort Puppe. Hier wendet sich die Polemik zunächst dagegen, dass Frl. Lemke das Wort mit der Poppaea (oder Poppoea) Sabina, der Gemahlin Kaiser Neros, in Verbindung bringen wollte, indem diese Puppen als Ankleidefiguren für ihre Toilettenkünste gebraucht habe. Grimm, bei dem ich mir in deutschetymologischen Fragen immer zuerst Rat hole, sagt im „Wörterbuch“, in der deutschen Literatur komme das Wort Puppe erst im 15. Jahrhundert auf, es sei von dem Mittellateinischen pupa, puppa, pöppea abzuleiten.. (Poppea hat den Accent auf der ersten, der Name Poppaea oder Poppoea dagegen auf der zweiten Silbe.)
Es kommt aber das lateinische Stammwort schon in der besten altklassischen Literatur vor: Puppus und Puppa (kleiner Junge,
kleines Mädchen), Puppulus und Puppula (kleines Jüngelchen und kleines Mädelchen). Gerade wie man bei uns bei einem menschlichen Püppchen zumeist wohl an ein Mädelchen denkt und wie die Kinder hauptsächlich mit weiblichen Püppchen spielen, so ist es schon bei den alten Römern gewesen.
Bei Varro (geb. 116, tot 26 v. Chr.), einem Freund des Cicero und Julius Caesar, wird in der Satira Varroniana oder Satira Meuippea das Maskulinum „pupus“ erwähnt (Varronis saturaruin Menippearum reliquiae, editio Ohler, Quedlinburg und Leipzig 1844, 88,3).
Der Satiriker Persius (34—62 n. Chr.) wirft die Frage auf an die Priester, was das Gold im Heiligtum der Tempel soll und beantwortet sie ironisch (II. 70): nempe hoc, quod Veneri donatae a virgine puppae (dasselbe, was die von einer jungen Frau der Venus geweihte Puppen). Der alte Scholiast bemerkt dazu: diis tarn sunt opes supervacuae, quam Veneri puppae, quas virgines nubentes donant (den Göttern sind sie so überflüssige Spenden, wie der Venus die Püppchen, welche heiratende Jungfrauen spenden).
Bei den Griechen entspricht dem Begrilf puppa das Wort xÖqtj, das Handwerk des xooonldOog (Puppenmachers) war weit verbreitet schon lange vor der Römerherrschaft. Die xoQonlaO-ixrj xt/vrj (die Puppenmacherei) umfasste Puppen in Wachs, Gips und Thon. Plato und Isokrates spielen darauf an und in unseren Museen befinden sich viele althellenische Exemplare. Eine Gliederpuppe ist z. B. abgebildet (nach Antiquites du Bosphor. Cimmer. pl. 74,8) in Baumeister’s Denkmälern des klassischen Altertums Bd. II, S. 778.
Diese Angaben teilt mir Herr Professor Dr. Georg Knaack in Stettin gütigst mit.
2. Das Wort Docke oder Tocke in der Bedeutung Mütze, Haube für Männer, besonders aber für Frauen. Dies Wort welches in der ältesten deutschen Literatur vielfach vorkommt, stammt vom