Heft 
(1902) 11
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2. (1. ausserordentliche) Versammlung des XI. Vereinsjahres.

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und Chinoiserien, Roccocomöbel und zierliche Schränkchen mit Intarsien, in den anderen Räumen waren die Zeit des Empire durch Gemälde und Stiche, Miuiaturbilder und Möbel, die Glanzzeiten der Düsseldorfer Schule, der Franzosen und der Niederländer durch Gemälde, Zeichnungen und Stiche und der betreffenden Zeit angehörende Kunstwerke und kunst­gewerbliche Gegenstände vertreten. Die Ausstellung gab uns einen Begriff von den in Frankfurt vorhandenen Kunstschätzen und von dem regen Kunstsinn, der die Bewohner der alten Patrizierstadt beseelt. Die Führung durch die Ausstellung hatten die Herren H. von Steg­mann und E. Trowitzsch übernommen.

An die Besichtigung der Kunstausstellung schloss sich ein kleiner Spaziergang durch die nächste Umgebung des Marktes. An demselben und in den auf den Platz mündenden Strassen steht eine Anzahl alter Häuser aus dem Hi. und 17. Jahrhundert, zum Teil mit zackigen Giebeln, schöngestalteten Fassaden und reichverzierten Erkern versehen, die der Stadt ein altertümliches, patriarchalisches Gepräge verleihen. Viele Häuser in dieser Gegend sind mit Gedenktafeln an berühmte Männer geschmückt, welche in Frankfurt geboren wurden, bezw. dort gewohnt haben. So kennzeichnet eine Tafel in der Regierungsstrasse das Geburts­haus des Dichters Heinrich von Kleist, eine andere in der Oder­strasse dasjenige Franz von Gaudys; andere Tafeln bezeichnen den zeitweiligen Wohnort der Gebrüder Humboldt, (Regierungsstrasse), des Secondleutuants und Lehrers an der Divisionsschule Hellmuth v. Moltke und des Historikers Leopold v. Ranke, beide in der Oderstrasse. In der letzteren Strasse, welche die Oberstadt in ihrer ganzen Länge durch­schneidet, liegt auch die bekannte Trowitzsche Hofbuchdruckerei, aus deren Offizin 1827 der erste Volkskalender hervorging. Auf dem Hofe dieses Etablissements erhebt sich zum Gedächtnis des hundert­jährigen Bestehens der Firma ein zierlicher Brunnen mit der Aufschrift: Cüstrin 1779 Frankfurt 1879 Wird dieser Stein Zerfallen sein,

Es dauert fort Im Druck das Wort.

Die Oderstrasse, in der sich auch der Trowitzschen Druckerei gegenüber das Naturwissenschaftliche Museum befindet, führt durch die Brückenthorstrasse zu der stattlichen, vor einigen Jahren neuerbauten steinernen Oderbrücke, von der man einen weiten Überblick auf den von Segelschiffen und Zillen belebten Strom, sowie auf die Stadt und die benachbarten Höhen geniesst. Wir überschritten die Brücke, um in die Dammvorstadt und von dort zum Kleistturm zu gelangen.

In der Dammvorstadt auf dem rechten Ufer der Oder, welche durch einen starken Damm längs des Flusses vor Überschwemmungen geschützt wird, erhebt sich in einiger Entfernung links von der Brücke ein figurenreiches Sandsteindenkmal, welches an die gewaltige Über-