Heft 
(1902) 11
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3. (2. ordentliche) Versammlung des XI. Vereinsjahres.

an den leiblichen Überresten unsrer Alt-Berliner Vorfahren wenig er­füllt, wie ein Rückblick anf das Geschick unserer alten Begräbnis- Stätten der Kirchhöfe zeigt.

Ungefähr 400 Jahre hindurch sind in den alten Schwester-Städten Berlin und Kölln die Toten innerhalb der Stadtmauern, bei oder in den 6 Kirchen, bestattet worden.*) Es handelt sich um eine Durchschnitts- Einwohnerzahl von rund 10 000 und um etwa 12 Generationen, also um ungefähr 120 000 Bestattungen während der 400 Jahre.

Wenn jedes dieser 120 000 Gräber unberührt geblieben wäre, so müssten sich die Kirchhöfe bis auf die Hälfte der ganzen vou den Stadt­mauern eingeschlossenen Fläche ausgedehnt haben.

Wie aber dieser (vorgezeigte), nach den Alters- und Dauer-Ver­hältnissen farbig hergestellte Friedhofsplan von Berlin an den blauen Flächen zeigt, nahmen die Kirchhöfe einschliesslich der Kirchen nur kaum den zehnten Teil der Stadtfläche ein; es lässt sich also daraus berechnen, dass durchschnittlich jede einzelne Grabstelle viermal wieder aufgegraben worden sein muss, um an derselben Stelle einen neuen Toten zu betten.

ln der That entspricht dieser Berechnung auch der Befund jedes­mal, wenn Erdarbeiten auf den Kirchhöfen vorgenommen werden, denn man findet immer das ganze Erdreich in allen Höhenschichten bis zu 2 m Tiefe von zerstreuten Gebeinresten durchsetzt.

Die danach von den Kirchhofsverwaltungen selbst vorgenommenen Störungen der Ruhe im Grabe, die ja bedingungsweise auch heute noch aus praktischen Rücksichten vorgesehen sind, haben dann noch ihre Fortsetzung gefunden bei der Verwendung einstiger Kirchhöfe oder Teile derselben zu Baustellen und in neuester Zeit durch das Aufwühlen des Bodens für die Zwecke der Kanalisation und der verschiedenen tech­nischen Leitungen.

Die auf dem Plan (befindet sich im Mark. Museum und kann leider hier nicht mit abgedruckt werden) blau markierten Flächen geben die Kirchhöfe an, die im Mittelalter bestanden und gänzlich als solche ver­schwunden sind. Es sind: der Nikolai-, Marien-, Kloster-, Heil. Geist-, Petri- und Dominikaner-Kirchhof; mit Beschränkung auf die mittelalterlichen Hospitaliten auch der Georgen- und Spittel- Kirchhof. Von den letzteren 5 ist nichts mehr vorhanden, was an das einstige Besteheii eines Begräbnisplatzes an den betreffenden Stellen erinnert, von den ersteren 3 nur noch einige, in die Wand der Kirche eingemauerte Grabsteine.

Rot sind auf dem Plan diejenigen Kirchhöfe bezeichnet, die erst

*) Die Bestattung der Hospitaliten zu St. Georg und Gertraudt ist hierbei ausser betracht gelassen.