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4. (2. ausserordentliche) Versammlung des XI. Vereinsjahres.
sondern hat auch dem Adel durch die Finger gesellen, mit ihnen kolle- dieret und ihren Frevel und mutwilliges Fürnehmen alles für Genossen lassen hinpassieren, dass, je näher man der Mark gekommen, je sorglicher und gefährlicher es zu reisen, handeln und wandeln ist gewesen.
Denn der Adel hat nicht allein auf offenen Strassen die Fremden beraubet und beschädigt, sondern auch des Landes Einwohner nicht verschonet, dieselben geschlagen, verwundet, getötet, gefänglich weggeführt, gestäupt, geplöckt, beschatzt und so übel mit ihnen gebahret, dass schier ein Bürger nicht hat sicher dürfen fürs Thor spazieren gehen, haben die Städtischen in der Ernte an ihrer Arbeit verhindert, davon gejagt, das Getreide zunichte gemacht, das Rindvieh und Schweine vor den Thoren geraubt und weggetrieben, sind in die benachbarten Herrschaften als ins Erzstift Magdeburg, Kursachsen und Mecklenburg gefallen, haben geraubt, geplündert und weggeführt, was sie haben bekommen können, und sich also weidlich und meisterlich aus dem Stegreifen genährt und bereicht.“
Diese Vorwürfe trafen besonders die Gebrüder Johann und Dietrich v. Quitzow als die unruhigsten und gefürchtetsten Ritter jener Zeit, deren Stammschloss Quitzhövel bei Werben in der Altmark war, die sich aber allmählich auch viele andere Schlösser aneigueten. Ursprünglich hatten die beiden jungen Quitzows sich ebenso wie ihr achtbarer Vater durch tapferes, ritterliches Wesen grossen Einfluss zu verschaffen gewusst. Dies erhellt besonders daraus, dass der unter dem Adel der Mark sehr geachtete Lippold v. Bredow dem Hans v. Quitzow seine Tochter Agnes zur Frau gab, wobei diesem Schloss Plaue bei Brandenburg als Mitgift zu teil wurde. Bald jedoch schlug die Thätig- keit der beiden Brüder in jene entartete Richtung des Ritterwesens um, welcher als höchste Kennzeichen der Ritterlichkeit der blosse kühne Mut, die wirksame Gewalt und die erfolgreiche Ausdehnung der eigenen Macht galten, die Begriffe von Ehre aber, welche ursprünglich die schöne Grundlage alles edlen und echten Rittertums bildeten, nach und nach gänzlich abhanden kamen. Es war ein Zeichen der Zeit, sagt Hahn in seiner Geschichte des preussischen Vaterlandes, dass es nicht zu viele vom Adel des Landes gab, welche als ehrenhaft galten, und sie unterschieden sich von den blossen Strauch- und Raubrittern eigentlich Hindurch eine gewisse Wahrung der Formen und dadurch, dass sie für alle Gewalttaten einen plausiblen Vorwand geltend zu machen wussten.
Ich unterlasse es, von den Städtebündnissen zu sprechen, die sich zum Schutze gegen die Ritter bildeten, und will nur die einzelnen Raubzüge der Quitzows kurz anführen.
Bei einem Streifzug, den Dietrich v. Quitzow im Jahre 1400 in das Havelland unternahm, wurde Spandau angegriffen und mit brennenden Pfeilen beschossen. Ein verheerender Brand legte einen grossen