Heft 
(1902) 11
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Ewald Müller, Walpurgis im Spreewalde.

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und nun werden die Nuancen mit Metalltärben (Schwarzrot und Silber­gell)) nachgetragen. Ist dies fertiggestellt, kommen die Täfelchen in einen Ofen. Hier ruhen sie übereinander, getrennt durch Schichten von Kalkpulver. Durch die Rotglut werden die Deckfarben in das Glas ein­gebrannt. Nun kann das Fenster zusamniengestellt werden. Zu dem Zweck werden die Glastäfelchen in kleine dünne Bleirahmen gepasst, welche zusammengepresst werden und oberflächlich halten. Um ihnen nun die notwendige Festigkeit Wind und Wetter gegenüber zu geben, müssen sie iiberzinnt werden. So stellt also die moderne Glasmalerei eine Kombination dar von Kabinettmalerei und Mosaik.

Zum Schluss sprach Herr Professor Galland noch einmal Herrn Direktor Bernhard und Herrn Engel den Dank der Gesellschaft aus für die sorgfältige Führung.

Nach der Besichtigung zwanglose Vereinigung im Restaurant Tiergartenliof.

Walpurgis im Spreewalde.

Von Ewald Müller.

In die Zeit, wo der Wonnemonat mit Blütenpracht und Liederschall seinen Einzug hält und die Erde mit dem Himmel ihr Hochzeitsfest feieit, fällt auch das Frühlings- und Sommerfest des alten Heidentums, der Walpurgistag, an dem unsere Vorfahren zu Wahl und Entschluss auf dem Maifelde zusammenkamen, Gericht hielten und des Jahres Frucht segneten. So bedeutsam war die Maifeier, dass ihre Sitten in nicht unerheblichen Überresten noch in die Gegenwart hineinranken. Der erste Mai trägt in seinem reichen, fast durch ganz Deutschland und bis in die russischen Ostseeprovinzen verbreiteten, besonders aber in Sachsen und in der Lausitz blühenden Aberglauben vielfach heidnischen Charakter. Er ist eine Schicksalszeit, in welcher alle Zaubennächte entfesselt er­scheinen. Da aller Aberglaube aus dem heidnisch getrübten Volksgeiste hervorgewachsen ist, sind vor allen Dingen diejenigen Lebensgebiete und Beschäftigungsweisen vom Aberglauben umgeben und durchflochten, welche bis in die heidnischen Zeiten hinaufreiclien, so das einfache Familienleben, der Landban, die Viehzucht und alle damit zusammen­hängenden Beschäftigungen. Namentlich ist es der Glaube an Hexerei, . welcher hierbei eine wesentliche Rolle spielt. Bei dem Glauben an Hexen, wie er seit Ende des Mittelalters auftritt, bat man es keineswegs mit rein deutschem Aberglauben zu tbun, aber noch weniger mit einem