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Ewald Müller, Walpurgis im Spreewalde.
Kröte. Solche Tierverwandlungen sind aber gefährlich; denn die Hexen- tiere können gefangen, verwundet, verbrüht, gemissliandelt, ja getötet werden, und das betrifft dann immer die Hexe selbst; sie wird wenigstens gekennzeichnet. Oft machen sich die Hexen auch gänzlich unsichtbar. Zu diesem Zwecke bedienen sie sich einer Salbe aus Krötenfett, Bilsenkraut und Stechapfel, womit sie den Körper einreiben. Mit dieser Ilexen- salbe bestrichen, fahren sie mit den Worten: „Schmier’ ich wohl, fahr’ ich wohl“ (daher auch die Redensart: „Wer gut schillert, der gut fährt “) zum Schornstein hinaus durch die Luft. Vielfach gilt der Glaube, dass die Hexen nur als Seelen zur Hexenfahrt ziehen, während der Körper zu Hause im tiefen Schlafe liegt. Da aber die der Hexensalbe beigemischten Solanengifte bekanntlich das Gefühl des Fliegens und abenteuerliche Einbildungen erzeugen, so lässt sicli der eigene Glaube mancher Hexen an ihre Luftfahrten wohl begreifen, zumal die heidnische Überlieferung sich damit verband.
Bei ihrem Fluge durch die Luft reiten die Hexen auf Besen, Ofenoder Heugabeln, Kochlöffeln, dreibeinigen Schemeln u. s. w. Ihre Fahrt geht nach dem Blocksberge, woselbst sie auf dem Ilexentanzplatze mit dem Teufel Tänze auftuhren, wüste Lustbarkeiten und ein üppiges Gelage abhalten, von dem aber Brot und Salz ausgeschlossen sind. Denn „Salz und Brot segnet Gott“. Sie schwärmen dann in derselben Nacht umher und stiften überall Schaden durch ihren Zauber Auf einem Kreuzwege kann man sie um Mitternacht reiten sehen. Mit dem ersten Hahnenschrei jedoch endet die wüste Fahrt, und sie müssen wieder durch den Schornstein zurück. Viel Vorteil haben die Hexen von ihrem Gewerbe nicht; denn fast alle sind und bleiben arm. Es liegt eben in ihrem Wesen, dass sie den bösen Zauber betreiben müssen, und sollte es am eigenen Vieh geschehen.
Zum Schutze gegen die Hexen macht man am Vorabend des ersten Mai drei Kreuze an die Thüren, zerreibt Knoblauch an denselben, füttert das Vieh vor Sonnenuntergang ab und verschliesst den Stall fest. Zuweilen legt man einen Besen auf die Schwelle, der auch schon oft gleich beim Bau des Stalles unter der Schwelle vergraben wird, oder man spiesst eine lebende Kröte an die Stallthür. Auch wird der Stall mit Dora nt, Baldrian, Teufelsabbiss u. s. w. in einem Topfe tüchtig aus- geräuchert; nicht selten streut man Hirse, Mohn oder Garbe auf die Thürschwelle oder um das Haus. Um das Vieh vor Behexung zu schützen, soll man Sp ülic ht mit Dillsamen, Petersiliensamen, gestosseuen Wurzeln von Wermut und Rauten vermischen und diese dem Vieh zu trinken geben.
Das Volk unterscheidet von den nur der Bosheit dienenden Hexen die „weisen Männer und Frauen“, welche meist der Zauberei entgegenwirken. Wenn bei Menschen und Vieh Krankheiten und andere Übel
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