230 Prof. Dr. E. Bardev, Die Franzosen im Havellande von 1800 bis 1808.
Ich erkundigte mich, wer denn meine hohen Gäste eigentlich wären, und man nannte mir den Prinzen von Ponte Corvo als den Komman- deur-Feldmarschall des Korps von 20 000 Mann, den Divisionsgeneral Berthier du Pont Mousson und den Gr. de Genie Eble, nachmaligen Kommandanten in Magdeburg. Nun machte ich dem Prinzen das Kompliment, dass, ob ich gleich das traurige Schicksal meines unglücklichen Vaterlandes tief fühlte, ich es docli für meine Person für ein besonderes Glück und Ehre hielte, dass ein so berühmter grosser General unter meinem Dache eingezogen wäre. Das nahm er sehr gnädig auf, neigte sein Haupt gegen mich, hob seinen gewaltigen Plümenlmt und offerierte mir ein Glas Wein, welches ich mit dem Toast 'eines glücklichen Erfolges seiner vorhabenden Jagd ehrerbietigst leerte (?!). Das wurde abermals mit einer gnädigen Beugung des Hauptes und Abnahme des Hutes erwidert, und nun sollte ich mit ihm frühstücken, was ich aber ablehnte. Die Generale assen und tranken aus der Faust, was sie mitgebracht hatten, und betrugen sich ungemein artig.
Nun erschien der Schulze Gantzer mit dem kläglichen Geschrei: „Sie haben mir meinen grossen Stall Pferde weggenommen,“ und erhielt den leidigen Bescheid: „Lieb Mann, zeik an, wer sie hat kenommen, sollt bekomm wieder!“ Das konnte er nun nicht, und also bekam er sie nicht wieder.
Ein Jude erbot sich, dieselben für ein Douceur von 50 Thalern wieder herbeizuschaffen, er empfing das Geld und brachte keine Pferde. Die Frau Schulze wollte einen abermaligen Versuch machen, sie noch einmal für 50 Thaler an sich zu kaufen und dies Geld von ihrem Bruder zu borgen, doch der war klüger denn sie und schlug es ihr ab.
Ein Stoss in die Trompete, und alles stieg zu Pferde. Der Prinz verweilte noch ein paar Minuten, zog seine Börse, legte einen doppelten Napoleondor auf den Tisch und liess mir durch seinen Dolmetscher, um meinem Dank auszuweichen, sagen, dass es ein Souvenir sein sollte. Viel von einem Feinde! Dies Goldstück, so selten in seiner Art, von einer so hohen Person und unter solchen Umständen gegeben, will ich auf meine Kinder zum Andenken vererben, doch aber den Betrag desselben zu Suppen für die Armen in Berlin bestimmen, wie solches auch geschehen ist.
War es nun Mitleid mit meinem 73jährigen Alter, oder wusste er, was nach seinem Abzüge kommen würde, er binterliess mir aus eigenem Antriebe eine Sauvegarde, die nach einer halben Stunde wieder abging und sich für 30 Minuten Schutz 5 Thaler zahlen liess. Das beste war, dass während dieser halben Stunde mein Meier seine beiden Stallpferde retten konnte, die bisher unter den Pferden der Generalität auf dein Hofe unangetastet gestanden hatten.
Während der Prinz und dessen Geueralstab das Frühstück bei mir