Prof. Dr. E. Bardey, Die Franzosen im Havellande von 1806 bis 1808. 231
einnahmen, von 10—V 2 I 2 Uhr, waren einige Regimenter Kavallerie des Korps vorbeigezogen, hatten das Dorf überschwemmt und Plünderung und allerlei Gewaltthätigkeiten begangen. Als aber die Infanterie folgte, kam es viel ärger, denn die fiel von hinten und vorn in die Häuser ein wie eine Wasserflut, zogen den Einwohnern die Kleider ab, nahmen ihnen die guten Röcke, langen Hosen, Stiefel, Hemden und Tücher, nahmen ihnen das Geld ab, suchten es überall hervor und raubten es, wo sie es fanden. Brot, Schinken und Speck zierten die Bajonette ihrer Musketen. Die Mus-, Schmalz-, Butter- und Honigtöpfe, Gänse, Hühner, Tauben und Schweine trugen sie entweder selbst in den Händen fort nebst Bier- und ßranntweinbouteillen oder zwangen die Mannspersonen, es ihnen nachzutragen oder nachzufahren. Herden von Schafen, Kühen und Ochsen wurden der Armee nachgetrieben. Das Vieh retirierte sich in die Brüche und Wälder, die Menschen versteckten sich auf Heuböden und Ställen oder entflohen.
Wie natürlich, wurde auch mein Haus nicht verschont. Die Feinde strömten aus und ein. Ich hielt nichts verschlossen, damit nichts zerschlagen würde, und so nahm man, doch ohne Misliandlungen und Ge- waltthätig'keiten au mir und den meinen zu verüben, alles, was ihnen anstand und beliebte. Brot, Schinken, Speck, Würste, Branntwein, Tabak, Butter, Honig, Schmalz, Bier. Was nicht vorher gerettet und über Seite gebracht war, trug man fort. Kisten und Kasten, Stuben, und Kammern, Boden und Keller wurden durchsucht und das beliebige genommen. So folgten der Armee Hemden, Tücher, Strümpfe, Handschuhe, Tabakspfeifen, Dosen, spanische Rohre, 8 silberne Ess- und 6 Theelöflel, 15 fette Gänse, 25 Hühner, 8 paar Tauben.
Während dieses Gräuels der Plünderung kamen von Zeit zu Zeit Offiziere, alles mitleidige Seelen voller Teilnahme und dem besten Willen zu helfen und zu schützen. Sie teilten das wenige, was sie hatten, wenn es auch nur ein Schnittchen Brot oder eine Knackwurst, ein Schluck Wein oder Branntwein war, mir und den meinigen mit und stärkten uns dadurch.
Zuweilen trieben sie die Plünderer oder die Griepers, wie sie diese nannten, mit grosser Autorität aus der Pfarre, anüere'äber als Polizeioffiziere wurden nicht respektiert. So schützte ich durch ihren Beistand mein Meierhaus und zweimal die Kirche vor dem Aufbruche.
Einer von ihnen fragte, was das für viele Frauen wären, die sich in meiner kleinen Stube befänden, und erhielt von mir zur Antwort: „Es sind Bauernweiber, die, aus ihren Häusern vertrieben, bei mir, ihrem pasteur, Schutz und Brot suchen. Da ging er zu ihnen hinein, legte der einen ein halbes Kommisbrot auf den Schoss mit den Worten: Voilä, partagez, inangez!
Als meine Töchter bei den vielen Schüssen, die im Dorfe geschahen,