Heft 
(1902) 11
Seite
233
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Prof. Dr. E. Banley, Die Franzosen im Havellande von 1806 bis 1808. 233

Stimme meiner hochschwangern Pächtersfrau:Ach Herr Gevatter, was soll ich doch machen, im Hause ist alles voll von Franzosen, und voller Knechte, die das Tuch gefahren haben. Der Offizier, für seine Tücher besorgt, ich und meine Frau fuhren aus den Betten mit dem schreck­lichen Gedanken:Ha, die wird hier gebären wollen, das fehlte noch! Nun sprach ich:So bringt euer Bett herbei und bezieht die Kammer meiner Magd (die bei Annäherung der Feinde die Flucht ergriffen hatte), quartiert euch da und seht, wie ihr die Nacht zubiingt.

Der 27. Oktober brach endlich nach überstandener schrecklich durchwachter Nacht an. Meine gute Einquartierung zog ab, ohne etwas mitzunehmen. Aber an diesem Tage sollte nun auch die Artillerie und der Train de bagage durch das Dorf defilieren, das ärgste und trau­rigste Schicksal war also noch zu erwarten.

Wir retteten und verbargen die noch übrig gebliebenen Viktualien und andern Sachen, wobei ich einen Fall auf das Kreuz tliat, den ich ein Vierteljahr hernach noch spürte. Gegen Mittag kamen die Feinde, und die Plünderung ging wieder an. Auch an diesem Tage schützten mich die Offiziere, die von Zeit zu Zeit auf der Pfarre einkehrten, und behandelten mich sehr artig. Einige Männer und Frauen aus dem Dorfe kamen zu mir und wurden von mir getröstet und mit Kaffee erquickt. Schon am vorigen Tage hatten sich viele Einwohner geflüchtet, nun aber, da sich am Abend alle Häuser mit Feinden füllten, die die Nacht über ihr Gräuelwesen trieben und ihre Wagen mit dem Raub bepackten, ent­flohen auch die übrigen, und nur wenige Frauen und Töchter blieben zurück und verbargen sich, so gut sie konnten. Des Nachmittags um 4 Uhr erschienen 4 Franzosen und präsentierten mir ein von ihnen selbst geschriebenes Billet:Ein Wagen mit 4 Pferden für den Ge­neral!Messieurs, sagte ich,ich bin der pasteur, und einen Wagen zu schaffen, ist nicht meines, sondern des bourgemaitres Amt.Bour- gemaitre nit ist da.Das weiss ich, die Armee hat ihn mitfort- gefübrt, und ausser mir ist im ganzen Dorfe keine Mannsperson und Pferd und Wagen.Gehe Du mit zum bourgemaitre.Das will ich wohl thun, aber herbeischaffen kann ich ihn nicht. Ich ging also mit ihnen nach dem Schulzenhof, und die Weiber im Dorf schrieen jämmerlich hinter mir her:Ach, da führen sie nun auch unsern alten Papa fort! Der bourgemaitre war nicht in dem überall offenen und geplünderten Hause zu finden, mithin sollte ich mit aller Gewalt boux- gemaitre sein und den verlangten Wagen schaffen. Ich stellte zwar ganz höflich die Unmöglichkeit vor, sie aber nahmen keine raison an und fluchten und tobten.

Nun wurde auch ich hitzig.Messieurs, rief ich, ihnen die flache Hand vorhaltend,ist hier ein Wagen, so nehmt ihn, ist hier keiner, so werdet ihr auch im ganzen Dorfe keinen finden.0 boucher, sacre