Prof. I>r. E. Bardev, Die Franzosen im Havellande von 1806 bis 1808. 239
in Warschau und längs der Weichsel in einer festen Position und bewaffneten die abtrünnigen Polen.
So wurden Preussen und Polen der jammervolle Schauplatz eines verheerenden Krieges, in welchem nun endlich die langsamen Russen erschienen. Eine Legion von Kommandanten, Intendanten, Finanziers, Regisseurs und Kommis erfüllte das Land. Es wurden Militärstrassen angelegt, derqn eine, wie schon erwähnt, von Brandenburg über Wustermark nach Berlin ging, Spandau zu einer wichtigen Festung gemacht, wozu das platte Land die Schanzarbeiter stellen musste, auch Magazine, Bäckereien und Schlächtereien angelegt und soviel als möglich gute Ordnung und Zucht gehalten.
Wie sich von selbst versteht, wurden grosse Kontributionen und allerlei Requisitionen ausgeschrieben und die angestellten Kommandanten wie Fürsten besoldet und verpflegt, wozu gerade die Prediger das meiste geben mussten, weil die Kommandantengelder nach der Proportion des Armeegeldes erhoben wurden. Der empfindlichste Druck war das unerhörte und unaufhörliche Fuhrwesen, wovon die Landstrasseu wimmelten. Nach der Schlacht bei Eylau, wo die Franzosen sehr gelitten hatten, war eine Ergänzung ihrer Armee nötig, also marschierten ihnen nach die Rekruten, Bürschchen von 14 bis IG Jahren, weinend und unwillig, Italiener, Holländer und die Truppen des Rheinbundes. Der Durchmärsche war kein Ende, sowie auch des Zu- und Abfahrens der Kanonen, Gewehre, Munition und anderer Kriegsbedürfnisse.
Nun kamen auch die gefangenen Russen und Preussen an, viele Franzosen, die nach Frankreich zurückgingen, und eine grosse Menge Blessierter, die auf Wagen und Schiffen fortgebracht wurden. In Wustermark, welcher Ort durch die Durchmärsche unsäglich litt, wurde ein Kommandant eingesetzt, der vorhin erwähnte Pardaillon, ein wahrer Unhold, ein Gourmand, ein Harpax und Gelderpresser, und fürstlich nebst seinem Serail unterhalten. Was ein Skorpion der Haut ist, war er dem armen Lande. Er regulierte die Märsche und die Quartiere der Soldaten, besorgte das Fuhrwesen, zu welchem Ende ein Park von immer bereitstehenden Wagen allda angelegt wurde, die auch von den Adjunkten und Predigern gestellt werden mussten. Da wurden denn Tag für Tag einzelne Franzosen, und sogar öfters ganze Regimenter Franzosen, ins Land hinein- und herausgefahreii und zu einem solchen Transport bisweilen vier bis sechshundert Wagen erfordert.
Der ganze Pferdestand würde zu Grunde gerichtet worden sein, wenn nicht Gott ein weide- und grassreiches Jahr gegeben hätte, dass diese gemisshandelten und stöhnenden Kreaturen sich immer wieder erholen konnten.
Hier war die Einquartierungs- und Fuhrlast zwar gross, und doch brachte der Krieg wohlfeile Zeiten ins Land; denn die Kornwucherer