Heft 
(1902) 11
Seite
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Prof. Dr. E. Bardey, Die Franzosen im Havellande von 1806 bis 1808. 241

Konditoreien, und was nur die delikate Fresssucht und der Luxus dieser gefühllosen Bäuche verlangte und erpresste. Für die Kapitäne, Offiziere, Ärzte u. s. w. die bestimmte Quartierordnung, wenigstens drei Schüsseln mittags und abends, Wein und Rum, soviel als ihnen zu saufen beliebte, des Tages wenigstens zweimal denverfluchten Rumkaffee mit einer unerschwinglichen Zuckerverschwendung.

Die Gemeinen hatten zu beanspruchen zum Frühstück Kaffee, Branntwein, Butter und Brot, zu Mittag Bouillon, Yorkost, Braten, Weiss­brot, nachmittags Kaffee, abends Suppe und roti. Sie tranken den ganzen Tag Branntwein olinemassen, folglich sah man grösstenteils Trunkene, die unvernünftige Händel suchten, alles zerschlugen und zerstörten. Den Wirten Schüsseln und Gläser an die Köpfe und das Essen vor die Füsse zu werfen, sie auf das äusserste zu malträtieren, war Tages Ordnung, die Ehre und der Bauch ihr Gott, der Wein ein ihnen wie die Luft unentbehrliches Element, aller Rum, Kaffee und Zucker der An­tillen ihre Requisition. Mit einem Worte es warenwahre Yielfrasse, Schlemmer, garstige Wölfe. Auf dem platten Lande war es hierin noch weit schlimmer als in den Städten. Die Anordnung der Behörden zur Regulierung der Verpflegung wurde ebenso wenig befolgt als die Befehle des Kaisers von China.

Ihre Quartiere nahmen die Franzosen auf dem Lande nach Be­lieben. Die Schlösser der Barone, die Häuser der Amtleute, der Pre­diger und Freischulzen waren die anziehenden Pole der Offiziere; die Bauern wurden willkürlich belegt und mit den Quartieren ein förmlicher Handel getrieben. Dörfer und einzelne Wirte, die den Offizieren Geld gaben, wurden mit keiner oder weniger, die es nicht thaten, mit desto schwererer Einquartierung belegt, ein Schicksal, welches sonderlich unser armes Dorf Päwesin betroffen hat. Dieser Handel war der Fran­zosen Pouce und nicht minder die Fourage. Denn wie Hafer, Heu und Stroh in Geld verwandelt werden kann, und wie dabei der Laudmann gedrückt und ausgemergelt wird, und überall zu den Fouragelieferungen und einzelnen Rationen in Muss und Gewicht Zuschuss gegeben werden muss, das verstehen die Franzosen ebensogut und vulil noch besser, als die ci-devant messieurs les Prussiens.

Zu der Verpflegung und den Geldquellen, die aus dem Abkauf der Quartiere und Verkauf der Rationen in die Börsen der Franzosen flössen, kamen noch unsägliche Erpressungen hinzu an Leinwand, Hemden, Hosen, Mützen, Stiefeln und Tuch von den Wirten für einzelne Kerle, und für die ganze Dorfseinquartierung oder Kompagnie an Eisen, Leder, I losenleder und Riemzeug, Sätteln, Reparatur der Waffen und alle Montur­requisiten, und beim Abzüge hin und wieder ein Douceur an baarem Gelde für bewiesene Artigkeit und gehaltene gute Ordnung. Wollten sich einzelne Wirte oder ganze Gemeinden hierzu nicht verstehen, so

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