Heft 
(1902) 11
Seite
243
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Prof. Dr. E. Bardey, Die Franzosen im Havellande von 1806 bis 1808. 243

Die hohe und niedere Jagd, vom höchsten bis zum niedrigsten Soldaten exerziert, diente ihnen statt der Motion des Billards. Das Wild aller Art und Namens wurde bis auf die Raben und Elstern aus­gerottet. Was übrig blieb, war dem gleich, was in der Arche Noah vormals gerettet wurde.

Waren sie denn alle so, wie sie hier geschildert worden? Mit nichten! Es gab unter ihnen vielfältig Leute hohen und niedern Standes von mitleidigen, menschlichen und edlen Gesinnungen, die unsere trau­rige Lage fühlten und linderten; Empfindungen, die, weil sie sich bei einem Feinde äusserten, desto schätzbarer sind. Ich für meine Person muss das Zeugnis ablegen, dass sie mich vom Generalfeldmarschall bis zum Tambour und Schmiedeknecht herab mit Liebe und Freundschaft, zumteil auch mit kindlichem Respekt wie Söhne einen Vater behandeft haben, wozu denn freilich wohl mein Alter und Stand, als auch' die Kenntnis ihrer Sprache und mein zuvorkommendes, zuversichtliches Be­tragen vornehmlich mitgewirkt haben mögen!

Durch diese zeitgenössischen Nachrichten wird ein anschauliches Bild von der traurigen Zeit der tiefsten Erniedrigung unseres Vater­landes geboten, von der Zeit, wo der französische Eroberer sein eisernes Scepter über Preussen hielt, das er in Stücke zerschlagen und um die Hälfte verkleinert hatte, der Zeit, wo die königliche Familie lange ihre eigene Hauptstadt meiden musste, und wo der unvergesslichen Königin Luise über den unermesslichen Jammer ihres Volkes das Herz brach. Aber wir dürfen uns doch zum Tröste gestehen, dass das Unglück den preussischen Staat allsobald zur Selbstprüfung und Selbsterkenntnis führte, dass die zu Tage getretenen Schäden durch die Stein-Harden- bergsche Gesetzgebung in Verbindung mit der neuen Heeresorganisation durch Scharnhorst abgestellt und der Staat aus seinem Innern heraus neu gestaltet und gekräftigt wurde, dass die Zeit bald folgte, wo der Dichter rief:

Frisch auf mein Volk, die Flammenzeichen rauchen,

Hell aus dem Norden bricht der Freiheit Licht!

Du sollst den Stahl in Feindes Herzen tauchen;

Die Saat ist reif: ihr Schnitter, zaudert nicht!

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