Heft 
(1902) 11
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6. (4. ausserordentliche) Versammlung des XI. Vereinsjahres.

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lagen in jener Urzeit Seeen und Sümpfe. Da bot das Wasser die Fische in Menge, der Wald ergiebige Jagdbeute und der fruchtbare Streifen Landes zwischen Wasser und Wald die Früchte des Bodens: Wurzeln und Beeren. Zahlreiche Quellen spendeten köstliches Trink­wasser und so war denn die Gegend wohl geeignet zu dauernder Nieder­lassung, und das um so mehr, als aller Wahrscheinlichkeit nach einer jener uralten primitiven Handelswege, deren Existenz sich im Dunkel der Zeiten verliert, von der Elbe her quer über den Fläming sich in der Richtung auf das nachmalige Berlin hin zog.

Urkundlich freilich tritt Brietzen (in den ältesten Dokumenten Bricena, Brezene, Bressne, Priczene, Briszen, Brisen, Bryssen u. s. w. geschrieben der Name ist slavisch und hängt jedenfalls mit Briza oder Breza, Birke, zusammen*) erst ums Jahr 1200 ins hellere Licht der Geschichte; vom Jahre 1209 ab werden die Burgwarte von Brietzen und im Jahre 1217 Brietzen als Mittelpunkt eines Pfarrsprengels und gleichzeitig finden sich die beiden Stadtkirchen, die Nicolai- und die Marienk irche erwähnt. Der Ort hat demnach, im Besitz einer Burg und zweier Kirchen, deren Bauart in den Ubergangsformen vom romanischen Styl zur Frühgotik auch baugeschichtlich auf die Jahre um 1200 als Zeit der Entstehung hinweist, schon damals eine gewisse Bedeutung gehabt, wie denn auch die Grösse der Kirchen und ihre Weiträumigkeit auf eine bereits zahlreiche Bevölkerung schliessen lässt.

Wie schon angedeutet, war die Lage des Orts bestimmend für seine kirchliche und militärische Bedeutung. Die Christianisierung der Zauche (Czucha bedeutet in den slavischen Sprachen so viel wie trockenes Land), die ein Teil des slavisch-heidnischen Landes Ploni war, ging im wesentlichen von Magdeburg aus, also auf der Linie Wittenberg-Berlin. Vom Elbübergang bei Wittenberg führt der alte Handels- und ITeenveg über die Höhen des Fläming nach Brietzen und tritt hier in die morastig­sumpfige Niederung der Nieplitz, an deren nordöstlicher Grenze sich der Abhang des Teltowplateaus, des bekannten Verteidigungsabschnittes der Wenden mit den vier Nutheburgen befindet. Zugleich ist Brietzen der Abgangspunkt der Wege nach Kloster Lehnin und nach Jüterbog, dem wendischen Rom, der Hauptkultusstätte des Jutre Bog des weissen, des lichten Gottes, dessen Heiligtum bei Jüterbog stand, und nach Kloster Zinna, dem alten Cisterziensersitze. Wie ein Brückenkopf, der die Niederungsstrasse beherrscht, liegt Brietzen im Vereinigungspunkt dieser Strassen, wonach ihm die gekennzeichnete Bedeutung von rechtswegen zukommt. Die eigentliche Entwickelung zur frühmittelalterlichen Stadt datiert allerdings erst von der Zeit um 1300. Im Jahre 1319 war die

*) Pischon, Urkundliche Geschichte der kurmärkischen Stadt Treuenbrietzen, 1871, bei Hannebohn, Treuenbrietzen, vergriffen.