8. (8, ordentliche) Versammlung des XI. Vereinäjahres. 269
setz aber nur für die Landespolizeibehörden begründet ist, so ergiebt sich, dass die Ortspolizeibehörden auch zu polizeilichen Verfügungen im einzelnen Falle auf Grund der von den Landespolizeibehörden erlassenen Polizeiverordnungen kraft eigenen Rechtes nicht befugt sind, dass vielmehr auch für solche Verfügungen die Landespolizeibehörden ausschliesslich zuständig sind. Diese Auffassung ist nach anfänglichem Zweifel von allen Seiten in der Kommission des Abgeordnetenhauses als zutreffend anerkannt und dieses im Plenum vom Berichterstatter ohne Widerspruch festgestellt worden (zu vergl. den stenographischen Bericht über die Sitzung des Abg.-Hauses vom 29. April 1902, S. 5057).
Den Landespolizeibehörden ist indessen nicht verwehrt, sich bei Ausführung der Polizeiverordnungen der ihnen nachgeordneten Behörden als ihrer Organe zu bedienen, nur bleiben die von diesen, sei es kraft allgemeinen, sei es kraft Auftrages im einzelnen Falle, erlassenen Verfügungen rechtlich solche der Landespolizeibehörden, und sind mit den Rechtsmitteln des § 130, L. V. G. anfechtbar (zu vergl. Entsch. d. 0. V. G. Bd. 30 S. 281. 290, Bd. 31 S. 236). Wo solche Verfügungen nicht unmittelbar von der Landespolizeibehörde selbst erlassen werden, ist deshalb eine Belehrung über dieses Rechtsmittel aufzunehmen.
6. Um bei Ausführung des Gesetzes mit möglichster Schonung vorzugehen, empfiehlt es sich, auf die erlassenen Polizeiverordnungen in der Presse hinzuweisen, damit die Beteiligten Kenntnis erhalten und sich entschliessen können, ihre unter die Polizeiverordnung fallenden Schilder zu entfernen. Nach einer angemessenen Frist sind dann diejenigen Besitzer, auf deren Eigentum sich trotzdem noch Reklameschilder etc. der von dem Gesetze getroffenen Art befinden, zu deren Beseitigung durch die Ortspolizeibehörden binnen bestimmter Frist aufzufordern, widrigenfalls das Strafverfahren gegen sie eingeleitet werden würde. Vor Erlass solcher Aufforderung ist durch die Landräte die Zustimmung des Regierungspräsidenten einzuholen. Ist die Aufforderung erfolglos, so ist die Einleitung des Strafverfahrens bei dem Amtsanwalt zu beantragen, von dem Erlass einer polizeilichen Strafverfügung auf Grund des Gesetzes vom 23. April 1883 ist abzusehen. Erfolgt eine rechtskräftige Verurteilung, und wird das unter das Verbot, fallende Schild ctr. trotzdem nicht beseitigt, so ist nunmehr im Wege der polizeilichen Verfügung unter Androhung der gesetzlichen Zwangsmittel (§ 132. L. V. G.) seine Entfernung zu bewirken.
Euer Hochwohlgeboren ersuche ich ergebenst, eintretenden Falls hiernach zu verfahren und die nachgeordneten Behörden mit Anweisung zu versehen.
Berlin, den 16. Juni 1902. Der Minister des Innern.
In Vertretung:
gez. v. Bischoffshausen.