Heft 
(1902) 11
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M. Runze, 0. LoPwes Beziehung, zu Berlin u. mark. Balladendichtern.

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kein Billet mehr zu Italien. Es macht grossen Eindruck auf das Publikum, wenn aus einem Maikäfer Soldaten hervorkommen. Die Blätter fallen von den Bäumen seit der Revolution in dem schauerlichen Paris. Die Paar Früchte der neueren Zeit werden aufgezehrt, und es treibt nichts Neues im Garten des Lebens.

Günstiger gestaltete sich die allgemeine Lage wieder im Jahre 1832, und auch Loewe war mit seinem Aufenthalte in Berlin im März dieses Jahres sichtlich befriedigt Er gab ein Konzert in der Singakademie und führte mit grossem Glück eine Reihe verschiedenartigster eigener Kompositionen vor. Freilich waren ihm für die Aufführung grosse Hindernisse in den Weg gelegt. Auch eine Improvisation hatte er auf dem Programm ver- heissen. Dr. Fr. Foerster überbrachte ihm vom Fürsten A. v. Radziwill GoethesZauberlehrling. Loewe löste die Aufgabe meisterhaft. Später schrieb er diese Improvisation auf. Sie findet sich in Baud XI der Loewe-Gesamt-Ausgabe. Loewe verkehrte damals besonders mit dem Fürsten Radziwill, der, durch seine Faust-Komposition bestens an­erkannt, ihn ausserordentlich hoch schätzte, und Spontini, der damals unter Intriguen, die gegen ihn gesponnen wurden, zu leiden hatte. Loewes ehrliche Freundschaftsbezeugung gegenüber dem grossen Musiktragöden wirkte äusserst wohlthuend auf denselben. Gelegentlich eines Balladen- Abends, den Loewe bei Spontini gab, war dieser auf das Tiefste er­griffen; beimOlufströmten ihm Thränen die Wangen herab. Spontini führte im April desselben Jahres Loewes grosses OratoriumDie Zer­störung von Jerusalem (das auch für die Gegenwart noch hohe Be­deutung beanspruchen dürfte) auf. Loewe war zu der Aufführung herübergekommen; auch der ganze Hof war zugegen. Um diese Zeit knüpfte er auch seine Verbindungen mit Raupach in Berlin an, der ihm eine Reihe dramatischer Texte lieferte, soDas Märchen im Traum, die antike TragödieTheinisto (dies besonders genial von Loew r e kom­poniert)König Manfred und das SingspielDie 3 Wünsche; letzteres nach dem Grimmschen MärchenDer Reiche und der Arme verfasst.

Dezember 1833 rief ihn die Aufführung seines originellen, neue Bahnen einschlagenden OratoriumsDie sieben Schäfer nach Berlin. Er selbst beschreibt diese höchst gelungene Aufführung genauer.Madame Decker, Mantius, Zschiesche, J. Krause wirkten u. a. mit. Loewe lernte bei dieser Gelegenheit auch uusern Ed. Grell kennen, mit dem ihn fortan innige Freundschaft verband. Unter den geselligen Annehmlich­keiten war ihm die anregendste die bei der Gemahlin des leider kurz vorher verschiedenen Fürsten A. v. Radziwill, Prinzessin Luise von Preussen. Dieselbe versicherte Loewe u. a., dass seine Balladen, besonders Der Mutter Geist, zu des Fürsten Lieblingsbeschäftigung in seinen letzten Wochen, Tagen, ja Stunden gehört hätten.

Auch der Generalintendant Graf Redern interessierte sich für

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