Heft 
(1902) 11
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Pfarrer Backhaus, Aus der Geschichte des Dorfes Ragösen.

sorget nich för den ännern Morgen, denn de morrende Dag ward för dat Sine sorgen; et is genung, dat jeder~T5ag sine egene Plöage liätt.

~~ II.

Der Kobold.

Durch die Feuersbrunst im .bahre 18:13 war auch der Hüfner L. obdachlos geworden. Glücklicherweise besass er ein Tagelöhnerhans mit drei Wohnungen in der Gegend, wo jetzt die Häuser der Büdner K. und H. stehen. In die eine Giebelstube zog er nun selbst hinein. Nicht lange nacli seinem Einzuge kam er eines Abends laut jammernd auf die Strasse gelaufen und erzählte seinen Nachbarn, die auf sein Geschrei herbeieilten, er habe einen Kobold in seinem Hause, der ihm mit seinem Gepolter auf dem Boden keine Ruhe lasse und ihn soeben in der Dunkelheit in den Haaren gezaust habe. Die Nachbarn St., M. und B. nahmen sich seiner an, gingen mit ihm hinein, stiegen mit einer Leuchte auf den Boden, sahen darauf viel Gerümpel, namentlich altes Eisen, das beim Aufräumen der Brandstätte aufgefunden und hierher gebracht war, vom Kobold war jedoch nichts zu bemerken. Kaum befanden sie sich in der Stube unten, als oben ein gräuliches Gepolter zwischen dem alten Eisen begann; aber als sie den Boden wieder mit einem Licht betraten, war alles still. Sie löschten nun das Licht aus; da entstand um sie herum ein schreckliches Getöse und allerhand Gegenstände flogen ihnen an den Kopf, so dass sie schleunigst den Rückzug antreten mussten. So blieb es nun. Wer im Dunkeln auf den Boden kam, hörte das Gepolter und wurde geworfen, nament­lich mit Äpfeln, die zum Teil angebissen waren. Es wurde nun erzählt, der Kobold stamme aus Baitz und sei dem L. dort, mitgegeben worden, als er sich nach dem Brand Unglücke Gaben zusammengeholt habe.

Mit der Zeit wurde der Kobold eine Berühmtheit. Von nah und fern strömten neugierige Leute herbei; selbst vornehme Herren kamen aus den nächsten Städten, um die Sache zu untersuchen. Alle hörten den Kobold im Finstern rumoren, und wer es wagte zu rufen: Hänseken, schmiet doch mal! der fühlte sich sogleich schmerzhaft getroffen. Bis Berlin drang die wunderbare Kunde. Selbst Gedichte wurden auf den Kobold augefertigt. Eins davon begann: In dem Dorfe Sächsisch-Ragösen treibt ein Ding sein Wesen, und wenn ilirs wissen wollt, es ist der Herr Kobold. Manche Ragösener fassten schliesslich die Sache von der humoristischen Seite auf und fingen an, in der Dunkelheit mitzuspuken. Als einst ein neugieriger Bürger aus Pelzig mit mehreren Bekannten den finsteren Boden betrat und rief: Hänseken, gieb mich doch mal eine Backpfeife! brannte sogleich eine schallende Ohrfeige auf seiner Wange, sodass er mit einem lauten Aufschrei