Heft 
(1902) 11
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Kleine Mitteilungen.

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welche den Hagel vermindern oder verhinderten. Es ist da hinzuweisen auf die mögliche Wirkung der Schallwellen, auf eine etwaige durch das Schiessen erfolgte Ableitung der Elektriziät, auf das Aufsteigen von Wärmegasen durch die Explosion u. s. w. Aber alles sind nur Vermutungen, die Sache ist absolut nicht klar. Wir wissen nichts darüber. Wir müssen nun freilich die Möglichkeit zu geben, dass etwas zur Thatsache wird, was die Gelehrten theoretisch für unmöglich erklärt haben. Darum wird sich über das Wetterschiessen die Wissenschaft nicht mehr zu fragen haben:Wie ist das möglich? sondern nur noch: Hilft es oder hilft es nicht? Die Antwort hierauf wird aber erst gegeben werden können, wenn weitere Ergebnisse vorliegen durch genaue Gewitterbeobachtungen, durch Beobachtungen ihres Beginns, Endes, und ihrer Strasse auch der Beweis erbracht ist, dass das Schiessen wirklich den Hagel verhindert hat, oder ob nicht die Gegend so wie so vorschont geblieben wäre. Bis dahin müssen wir ab warten. Für heute steht nur das eine fest, dass man nicht wagen darf, den Erfolg oder Nichterfolg zu bejahen, und dass man nur sagen kann: es ist nicht unmöglich, dass das Wetterschiessen hagelver­hindernd wirkt.

Auch die zweite Sitzung am Dienstag war dem Wetterschiessen gewidmet. Der Direktor der Meteorologischen Reichsanstalt in Budapest, Ilofrat Dr. von Konkoly, berichtet über das W T etterschiessen in Ungarn, Dort, so sagte er, sind die Leute rein vernarrt in die Sache. Er selbst will davon nichts wissen, wenigstens bis jetzt noch nicht. In Ungarn sind etwa 36,000 Geviertkilometer durch 1500 Wetterkanonengeschlitzt; aber trotzdem hat es oft genug gehagelt.

Im allgemeinen macht die Bewegung in allen Ländern, die das llagel- schiessen bisher versucht haben, Fortschritte. Ungarn hat 1400 1500 Schiess­stationen; Steiermark, Krain, Istrien, Dalmatien hat solche; allen voraus ist Italien mit seinen 15,000 Schiessstellen. Auch die Franzosen scheinen von der Wetterschiessbegeisterung ergriffen zu werden; sie haben etwa 350 Sta­tionen eingerichtet.

Dr. Meyer von der Meteorologischen Zentralstation in Stuttgart stellte eine Rechnung über das Wetterschiessen auf. In Oesterreich ist immer für 1 Geviertkilonieter eine Kanone aufgestellt, eine Station. Jede giebt jährlich 600 bis 1000 Schuss ab, was im Jahre bei Voraussetzung er- mässigter Pulverpreise 90 bis 95 M. kostet. Die Bedienungsmannschaft ist auf 18 M. zu rechnen. Das giebt jährlich etwa 110M. Die Anschaffungskosten für eine Station belaufen sich auf 400 M., die auf 10 Jahre verteilt, jährlich wieder 40 M. ergeben alles in allem jährlich also etwa 150 M. für die Station. Dr. Meyer ist ebenfalls der Meinung, dass das Wetterschiessen nicht im Stande sei, den Hagel zu vertreiben; hält es aber für ausserordent­lich wichtig, dies auch nachzuweisen, und er bittet daher: die Versamm­lung möge sich für Einrichtung eines Versuchsfeldes in Würt­temberg von 4045 Geviertkilometer auf die Dauer von acht Jahren auf Kosten des Reiches aussprechen. Die Kosten für diese Zeit würden ungefähr 5868,000 M. betragen. Ein Erfolg oder Nichterfolg wäre von Bedeutung über die Grenzen Württembergs hinaus.