Heft 
(1902) 11
Seite
351
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Dr.M.Runze, Loewe als Holienzollenisängei u.s.Bezieh, zuFriedr. WilhelmIV. 351

Die grosse auf den Tod von August Borsig 1854 geprägte Medaille, sowie ein Exemplar derjenigen, die an Arbeiter der Fabrik nach 25jäh- riger Dienstzeit verteilt wird, lasse ich zur Ansicht zirkulieren.

Loewe als Hohenzollernsänger und seine Be­ziehungen zu Friedrich Wilhelm IV.

Von Dr. M. Runze.

Carl Loewe, geboren den 30. November 1796 in dem damals schon preussischen Städtchen Löbejün unweit Halle a. S., lebte von Jugend auf in der Begeisterung für König und Vaterland. Als zehn­jähriger Knabe durchlebte er 1806 Schmach und Schmerz des Vater­landes. Sein feiner musikalischer Sinn und sein vorzügliches Gehör, welches beides ihm von frühester Jugend zu eigen gehörte, erfasste mit Vor­liebe die damals gesungenen vaterländischen Lieder; die Melodieen zu zweien derselben sind uns nur durch Loewes gelegentliche Aufzeichnung erhalten geblieben:

Friedrich, steig aus Deinem Grabe,

Kette Deine Nation,

Deine Ehre, Krön und Habe Airs der Hand Napoleon;

und ein Trauerlied auf den Prinzen Louis Ferdinand:

Klaget, Preussen, ach er ist gefallen!

Eines Tages, es war im Oktober 1806, sah der Knabe Loewe, wie in seinem Heimatort alle Mann eilig auf den Kirchhof liefen und sich auf die Erde, auf die Grabhügel warfen, indem sie mit dem Ohre auf ein Geräusch horchten. Es war der Geschützdonner der Schlacht bei Jena, der auch in Löbej ün deutlich zu vernehmen war. Loewe indess hatte nicht nötig gehabt, sein Ohr an das Grab zu halten; mit seinem aus­gezeichneten Gehör vernahm er den Schlachtendonner durch die Luft.

Ein Trauergesang für Chor auf die Königin Luise:

Trauert laut, Preussens Völker,

Klagt der Mutter Heimgang sehr etc.

dürfte die erste patriotische Komposition Loewes gewesen sein. Leider ist dieses Jugendwerk (es ist in meinem Besitz) bisher nur in einzelnen Stimmen vorhanden.

Loewe war mit zehn Jahren nach Köthen und wenige Jahre da­rauf nach Halle gekommen, wo er des damals berühmten Professor Türk Musikunterricht genoss. Im Jahre 1812, als der Sturm der Er-