Heft 
(1902) 11
Seite
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358 Br. M.Runze, Loewe alsHolienzollernsUnger n.s.Bezieh, zuFriedr. WilhelmIV.

Otto*), mit dem begann ich, machte eiueii tiefen Eindruck. Ich war noch besser bei Stimme, als am Abende vorher, Höhe und Tiefe war gleich willig, dass ich öfter moderierte. Der Saal, ein oblonges Viereck mit drei Fenstern, gewährte einen herrlichen Klang, weil er keine Decken hatte. NachOtto kamMeister Oluf**) unddas Wiegenfest zu Gent. Dann befahlen Se. Majestät die Tafel; das Gespräch lenkte sich auf Palestrina. Nach der Abendtafel:Der Feldherr (NB. von Bonaparte in Kairo handelnd, Dichtung von O. Gruppe), wobei Se. Majestät be­merkten, dass nicht ein wahres Wort an der Erzählung des Dichters wäre, Er wüsste ganz gewiss, dass Bonaparte nicht in die Hospitale der Pestkranken gegangen w'äre. Es gäbe auch ein schönes Bild über die Sache von einem französichen Maler, auch der habe gesagt, dass alle Nachforschungen über diese Erzählungen vergebens gewesen wären. Se. Majestät lobten meine Musik, weil sie den französischen Geist und Charakter so treu abspiele! DerLandgraf Ludewig der Heilige***) machte ungemeinen Effekt; auch die Herren der Umgebung konnten ihr Wohlgefallen nicht unterdrücken, ein ehrerbietiges Rauschen deutete dieses an. Der König las sich den Text wiederholt über, fragte ob es der Berliner Gruppe wäre, der ihn gemacht. Die Ballade ist auch hübsch, so kurz und drastisch; ich singe sie sehr gern und habe immer meine Freude daran gehabt. Den Schluss machte derPapagei f), ein drolliges Gewächs, was wenigstens erheiterte. Se. Majestät gaben mir beim Abschied Ihre Hand, auf die ich mich ehrerbietigst neigte. Mit besonderer Vorliebe liess sich der König in späteren Jahren die Balladen vom Kaiser Max von Loewe vortragenff), so noch im Jahre 1855, am 3. Juni, und in Stargard am 31. August 1856. Auch Ihre Majestät, die Königin Elisabeth pflegte den Balladenvorträgen des Stettiner Barden ganz besondere Aufmerksamkeit dabei zu leihen. Ueberhaupt hatte die Königin von jeher innigen Anteil an Loewes Kompositionen genonnen. Schon im Jahre 1832 nahm die hohe Frau die Widmung seiner in der Zeit von 1821 bis 1832 komponierten, zum

*)Kaiser Ottos Weihnachtsfeier. Dichtung von dem früheren Kultusminister v. Mühler. Op. 121 Nr. 1. Wie aus Loewes mündlicher Erzählung bekannt ist, wünschte der König, Loewe möge Chöre zu dieser Ballade setzen.

**)Meister Oluf der Schmied auf Helgoland oderOdins Meeresritt Op. 118, Dichtung von Aloys Schreiber, eine der genialsten Kompositionen des Meisters (führte ursprünglich den Titel:Der schnelle Reiter).

***) Op. 07 Nr. 3, beide Gedichte von Gruppe, f) Humoristische BalladeDas war die Schlacht von Waterloo (Rückert) Op. 111. ff) Frau Julie von Bothwell, Loewes älteste Tochter, hat vor Jahren ein an­mutiges, auf Wahrheit beruhendes, Lebensbild über ihres Vaters Vorträge der Max- Balladen vor dem Könige geschrieben. Übrigens waren auch die anderen historischen Balladen, wie dieGlocken zu Speier und vor allemHerr Heinrich beim Könige ausserordentlich beliebt.