Kleine Mitteilungen
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viele sonst hochintelligente Menschen, die doch irgend einem kleinen Aberglauben in bestimmten Zahlen, Tagen oder Vorzeichen huldigen. Die Kaiserin Friedrich war völlig frei davon, obgleich sie, wie sie erzählte, einmal etwas erlebt hatte, was einen Menschen, der sonst dazu geneigt sei, wohl hätte abergläubisch machen können. Als sie ihren dritten Prinzen geboren hatte, fragte der Kronprinz beim König an, wie er ihn nennen solle. König Wilhelm erwiderte, es sei ihm gleich, nur den Namen Ferdinand möge er nicht, der habe dem Hause kein Glück gebracht. Die kronprinzlichen Herrschaften beschlossen, den Sohn Sigismund zu nennen. Da geschah es, dass der Hofprediger bei der Taufe statt Sigismund Ferdinand sagte. Der König sah seinen Sohn vorwurfsvoll an; es schien ja, als ob er ihm absichtlich diesen Tort angethan hätte. Die Sache musste aufgeklärt werden; das Merkwürdige war, dass nicht etwa der Hofprediger vorher davon gehört hatte, dass der Prinz nicht Ferdinand heissen solle, und eben deshalb in den Irrtum verfallen war, sondern es war wirklich reiner Zufall, dass er sich gerade mit diesem Namen versprochen. Aber, so fügt Delbrück hinzu, das Wort König Wilhelms ist eingetrotten, dem kleinen Prinzen ist kein Glück beschieden ge- wesen„ er ist, zwei Jahre alt, im Jahre 1866 während des Krieges gestorben.“ Vergl. hierzu weiter die Stellung des genannten Herrschers zu der im Jagdschloss Grunewald umgehenden Sage (Brandenb. I. S. 152) und zu dem was Louis Schneider von dem sogen. Hohenzollern-Ring berichtet (Brandenb. VI. S. 511 bis 516).
Über das Hechtreissen im Oderbruch. In der Aprilnummer der Monatsbl. Seite 23 unter XXVII. finde ich Angaben über die Oder-Fischerei von Herrn Dr. Böttger, die nicht überall zutreffen. Zunächst heisst es darin: —
Der in erstaunlichen Massen gefischte Hecht, soweit er nicht sofort konsumiert oder verkauft werden konnte, wurde „zerschnitten“ d. h. mit dem Kunstausdruck „ger issen “ und eingesalzen, somit konserviert. —
„Zerschneiden“ und Hechte „r eissen“ sind aber zwei ganz unvereinbare Manipulationen. Im Gegenteil wäre der in der Querrichtung zer schnittene Fisch als nicht vollwertig von unsern Allvorderen auch nicht anerkannt worden, nochdazu die Hechtreis ser, deren es eine ganze Reihe von Gilden in der Mark nachweislich gab, sehr stolz auf ihre Kunst waren und solchem „Bönhasentum“ bald das Handwerk gelegt haben würden.
Diese Kenntnis und Fertigkeit des „Hechtreissens“ verdanke ich meiner längstverstorbenen Urgrosstante, der Frau Wittwe Dörthe Kagelmann, zu Lunow i. Uckermark im Jahre 1774 geboren, die einer alteingesessenen Fischerfamilie entstammt und welche mich als Knaben mit dieser in der Mark jetzt gewiss selten anzutreffenden Handfertigkeit bekannt machte. Ich übe dieselbe noch heutigen Tages zum Gaudium des Küchenpersonals an zu marinierenden Salzheringen, und bei meinem Leibgericht, dem „grünen Hecht“, gern aus und fand diese Kunst gleichfalls geläufig bei Holzflössern, die aus der Weichselgegend nach Liepe und Oderberg i. U. Hölzer brachten.
Das „Reissen“ des Hechtes wird folgendermassen gehandhabt. Der