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12. (8. ausserordentliche) Versammlung des XI. Vereinsjahres
Fette und fette Öle sind hervorragend geeignet, den Bestandteilen der Blüte ihr Aroma zu entziehen.
Die neuere Technik wendet hei mehreren Blumengerüchen anstatt des tierischen Fettes Mineralöle (geruchfreies Paraffinöl) mit Vorteil an, und die neusten Extraktionsmittel bilden hochrektifizierte Kohlenwasserstoffe, wie Petroleum-Äther, Steinkohlen-Benzin, Benzol etc. Diese verschiedenen Methoden ergänzen sich glücklich, indem das animalische Fett der Blüte andere Geruchskörper entzieht, als das Mineralöl oder der Petroleum-Äther.
Eine zweite Gruppe von Rohprodukten sind die ätherischen Öle. Dahin gehören insbesondere das aus Bulgarien (Kazanlik) in eigenartigen verzinnten Kupfergefässen importierte Rosenöl (zur Darstellung von 1 Kilo dieser Essenz gehören 3000 bis 4000 Kilo Rosenblätter), — das Orangeblütenöl (Neroliöl), das aus den Schalen der Apfelsine gewonnene Portugalöl, das Bergamottöl, das Citronenöl, das Lavendelöl, das Geraniumöl , das dem Holz der Libanon-Ceder entzogene Cedern- holzöl, das Veilchen wurzelöl und eine lange Reihe anderer vegetabilischer Essenzen. Von hervorragender Bedeutung für die Parfümerie sind ferner die alkoholischen Auszüge aus den Wurzeln, Stengeln, Blättern, Samen und Fruchtschalen, sowie aus den Balsamen der verschiedenen aromatischen Pflanzen und Kräuter — wir nennen hier nur die Veilchenwurzel, die Tonkabohne, die Pomeranzenschale, den Peru- und Tolu- balsam, und endlich die alkoholischen Tinkturen aus den tierischen Substanzen, wie dein Moschus, dem Zibeth, der kostbaren Ambra (einem Sekret des Pottwales) etc.
Eine reiche Anzahl synthetischer Riechstoffe liefert die Chemie. Die bedeutendste Erfindung auf diesem Gebiete ist die Gewinnung des synthetischen Aromas des Veilchens aus dem Lemongrasöl, des Jonon, von den Chemikern Krüger und Prof. Tiemann. Älteren Datums und für die feinere Parfümerie gleichfalls nicht entbehrlich sind das Heliotropin, Vanillin, Cumarin (das Aroma der lleublüten und des Waldmeisters) und das Terpineol (das Aroma der Fliederblüten).
Alle diese Stoffe werden nun gelegentlich verwertet, denn kein Parfüm kann aus einem Riechstoff hergestellt werden, stets ist ein Gemisch von mehreren Stoffen erforderlich.
Wie die einzelnen Düfte je nach dem Charakter des gewünschten Parfüms zu einem harmonischen Ganzen zu vereinen sind, ist Sache des Parfümerie-Künstlers, die Chemie bietet hierzu keine Hilfsmittel, das einzige Kriterium bildet die begabte und geschulte Nase. Es wurde nun in grossen Räumen des Souterrains vorgeführt, wie auf maschinellem Wege aus den wohlriechenden Fetten oder dem Mineralöl mittels Rühr- oder Scliüttelwerken der Duft auf hochrektifizierten Weingeist übertragen und dadurch für Parfümeriezwecke verwendbar ge-