13. (5. ordentliche) Versammlung des XI. Vereinsjalires.
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des Eides in bekannten Schriftzeichen geschehen, da allenfalls nur ein Mönch oder Priester diese Nachricht hätte lesen können. Aber man beging doch noch die Vorsicht, durch symbolische Andeutungen den unkundigen Leser irre zu leiten. Später im 14. und 15. Jahrhundert, als die Lesekunst grössere Verbreitung gefunden hatte, bediente man sich künstlich geschaffener Alphabete. Selbstverständlich enthielten auch diese Inschriften den Schlüssel zur Lösuug. Nicht selten war auch aphoristisch die Andeutung gemacht, dass es sich um eine Inschrift zünftiger Bauleute handle und zwar durch Darstellung des Grundrisses einer Bauhütte.
Drei Meister bildeten schon eine Bauhütte. Die Zahl der Gesellen war eine willkürliche, aber im wesentlichen wird sie sich auf eine Mehrheit der heiligen Zahlen 3, 5, 7 beschränkt haben. Eine dieser Zahlen findet sich immer wieder in den Bauwerken, so in der Apsis der Kirchen, in der Zahl der Hallen des Kirchenschiffes, ln einer chiff rierten Inschrift von 1447, ebenfalls von Bauleuten herrührend, fand ich in der Andeutung der Bauhütte den Meister und 7 Gesellen, von denen 2 als Parlierer fungierten. Die Inschrift selbst ergab, dass tatsächlich der Meister mit 7 Fabris beim Werke tätig gewesen war.
Bezüglich mittelalterlicher Inschrifteu im allgemeinen ist zu bemerken, dass öfter eine Zusammenziehung mehrerer Buchstaben, die zu einem Begriff' gehören, in ein neues Zeichen Vorkommen, dass die meisten Wörter durch einen oder zwei Buchstaben angedeutet sind. Diese Abkürzungen haben mit den heut gebräuchlichen nichts gemein. Nicht selten liegt in einer Inschrift noch ein verborgener Sinn, auf den auf verschiedene Weise hingedeutet wird. Gerade deshalb ist es so sehr notwendig, dass jedes Zeichen mit der grössten Genauigkeit wiedergegeben wird, um die Möglichkeit der richtigen und erschöpfenden Entzifferung zu gewähren.
Im vorliegenden Falle handelt es sich um eine Inschrift von Bauleuten, bezw. eines Meisters einer Bauhütte und zwar in erster Linie die Rogäsencr Kirche und in zweiter Linie den uns unbekannten Baumeister betreffend.
Ausserlich tritt in dieser Inschrift die Entwickelung von zwei Zeilen hervor, deren zweite durch Schriftzeichen aus der ersten Zeile durchbrochen ist. (Figur 30, 31, 33, 34.) Der Künstler hat dadurch augenscheinlich zunächst die Wiederholung der Ausmeisselung derselben Zeichen vermeiden wollen. Das nach rechts stehende Zeichen, das einem Schlüssel gleicht (Figur 32) unterragt erkennbar die zweite Zeile. Auch darin ist ein Wink gegeben, wie unten gezeigt werden soll.
Das erste Zeichen besteht aus 5 Vertikalstrichen, deren beide erste mit einem Horizontalstrich unterzogen sind. Es entspricht den Initialen, die in mittelalterlichen Schriften mehreren Zeilen vorgemalt sind; es ist ein zusammengesetztes und enthält in den beiden Vertikalstrichen in